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Abschied in Einsamkeit LASSEN VOLCANIC NP, KALIFORNIEN, USA
Während ich diese Zeilen schreibe, erleben wir gerade ein absolutes Novum. Wir sind die einzigen Menschen weit und breit – und das auf einem Campingplatz in einem Nationalpark in Kalifornien. Zur besseren Erläuterung: Normalerweise muss man sich in einem solchen Fall darauf gefasst machen, morgens um 7 Uhr um einen Platz zu streiten. Auf jeden Fall hat man – auch außerhalb der Hochsaison wie jetzt – Nachbarn in Sichtweite seines Wohnmobils. Doch diesmal: Niemand, außer uns und einer Reh- und einer Schwarzbärenfamilie, die durch die Wälder streunen. Dabei ist es hier, im Lassen Volcanic National Park, absolut großartig. Überall sind Vulkane. Der Herbst hat die Bäume entflammt. Die Luft ist trocken und klar. Mount Lassen, den wir vor ein paar Tagen bestiegen haben, ist einer von nur zwei Vulkanen, die in den letzten hundert Jahren in Kontinentalamerika (ohne Hawaii und Alaska) ausgebrochen sind. Obendrein gibt es bunte Lavagesteinsdünen, einen spektakulär-geometrischen Aschekegel, auf den wir drauf sind (Fotos: erste Reihe 3 und 5) – und, und und... Dieser entlegene Winkel Kaliforniens war jedenfalls ein würdiger Abschied, für diesen knapp 100 Tage und 9000 Kilometer andauernden Trip, auf dem wir so viel erlebt haben. Wir durften Zeuge werden, wie Neo das erste Mal ohne Panik ein Tier anfasste (ein brauner Molch). Wie er voller Panik vor Schneeziegen, Einsiedlerkrebsen und Waschbären Reißaus nahm. Und wie er auf unseren Wanderungen zahlreiche amerikanische Rentner irritierte, wenn er seine geliebte Gummi-Schlange „Ka“ hinter sich her zog (grandioses Originalzitat eines erbosten Seniors: „It's unlawful to let your child play with the wildlife!“). Nun aber heißt es abermals Abschied nehmen. Immerhin: für Mathilda ist gut gesorgt. Sie bleibt, überdacht und gut gesichert, in Nevada, bis wir uns wiedersehen. Ziele gibt es schließlich noch reichlich. Neo würde gerne mal einen Eisbären sehen. 24/10/2018
LASSEN VOLCANIC NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA LASSEN VOLCANIC NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA LASSEN VOLCANIC NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA LASSEN VOLCANIC NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA CAP KIWANDA, OREGON, USA BAY CENTER, WASHINGTON, USA CRESCENT CITY, KALIFORNIEN, USA OLYMPIC NATIONAL PARK, WASHINGTON, USA
BLACKLOCK POINT, OREGON, USA CAP ARAGO, OREGON, USA LASSEN VOLCANIC NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA LASSEN VOLCANIC NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA OLYMPIC NATIONAL PARK, WASHINGTON, USA LASSEN VOLCANIC NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA LASSEN VOLCANIC NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA CAP KIWANDA, OREGON, USA LASSEN VOLCANIC NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA BAY CENTER, WASHINGTON, USA
Wal in Sicht DEPOE BAY, OREGON, USA
Der Anblick von Walen ist eine ausgesprochene Seltenheit auf unseren Reisen. Auf der Südinsel von Neuseeland sahen wir einst Orcas, die im Meer Pinguine jagten. Weitere Schwertwale beobachte ich zusammen mit Opa Bernd vor der Küste von Vancouver Island auf einem Whale-Watching-Trip. Und dann entdeckten wir noch mit meinen Eltern weiße Belugas und graue Grindwale im mächtigen St. Lorenz-Strom an der Ostküste Kanadas. In mehr als drei Jahren on the road waren es trotzdem nicht mehr als ein Dutzend Wale insgesamt. Doch diesmal, so hatten es uns Matthi und Franzi berichtet, standen die Chancen nicht schlecht für eine weitere Begegnung. An der nordwestlichsten Pazifikküste der USA, in Washington und Oregon, braucht man dafür nicht einmal in ein wackeliges Boot zu steigen. Man klappt einfach einen Stuhl auf seinem Campingplatz auf – und starrt auf's Meer. In Kalaloch Beach im Olympic National Park versuchten wir zuerst unser Glück. Doch das Wetter spielte nicht mit, es war meist zugezogen und neblig. Immerhin konnten wir einen Seeotter beobachten, der in der Brandung jagte (siehe Foto ganz oben rechts). Erst einige hundert Meilen weiter südlich, am Cap Kiwanda, einem Surferparadies in Oregon, entdeckte Judith die erste Fontäne im Pazifik. Dort schwammen Grauwale. Die bis zu 15 Meter langen Meeressäuger migrieren im Herbst und Frühjahr zwischen Alaska und Mexiko – vorbei an der Westküste der USA. Zwei Tage später hatten wir sogar noch mehr Glück: Diesmal hatte sich eine ganze Grauwal-Gruppe bei Depoe Bay keine 200 Meter von der Küste entfernt versammelt. Immer wieder sahen wir Köpfe, Rücken und Schwanzflossen auf- und abtauchen – und natürlich auch Fontänen spritzen. Es ist ein erhabenes Gefühl, wenn man nicht nur die herzförmigen Fontänen in der Ferne sieht, sondern dem Atem der Wale lauschen kann. Es klingt wie ein mächtiges Grummelrauschen, welches eindringlich vermittelt, das diese von Seepocken und Walläusen über und über besiedelten Kreaturen, schwerer als 15 Panzernashörner sind. 07/10/2018
BAY CENTER, WASHINGTON, USA NEHALEM BAY, OREGON, USA OLYMPIC NATIONAL PARK, WASHINGTON, USA DEPOE BAY, OREGON, USA CANNON BEACH, OREGON, USA NEHALEM BAY, OREGON, USA NEHALEM BAY, OREGON, USA LASSEN VOLCANIC NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA
HOBUCK BEACH, WASHINGTON, USA BANFF NATIONAL PARK, ALBERTA, KANADA JOFFRE LAKES PROVINCIAL PARK, BRITISH COLUMBIA, KANADA CAPE FLATTERY, WASHINGTON, USA CAPE FLATTERY, WASHINGTON, USA BANFF NATIONAL PARK, ALBERTA, KANADA JOFFRE LAKES PROVINCIAL PARK, BRITISH COLUMBIA, KANADA BANFF NATIONAL PARK, ALBERTA, KANADA HOBUCK BEACH, WASHINGTON, USA OLYMPIA NATIONAL PARK, WASHINGTON, USA
BANFF NATIONAL PARK, ALBERTA, KANADA JOFFRE LAKES PROVINCIAL PARK, BRITISH COLUMBIA, KANADA JOFFRE LAKES PROVINCIAL PARK, BRITISH COLUMBIA, KANADA BANFF NATIONAL PARK, ALBERTA, KANADA JOFFRE LAKES PROVINCIAL PARK, BRITISH COLUMBIA, KANADA BANFF NATIONAL PARK, ALBERTA, KANADA YOHO NATIONAL PARK, BRITISH COLUMBIA, KANADA JASPER NATIONAL PARK, ALBERTA, KANADA BANFF NATIONAL PARK, ALBERTA, KANADA
Auf ihn mit Geroell MORAINE LAKE, ALBERTA, KANADA
Der Moraine Lake ist ohne Frage einer der schönsten Orte Kanadas, wenn nicht der Welt. Zehn schneebedeckte Gipfel, die das (von der Natur eindeutig photogeshoppte) Cyan-Becken umranden. Besser kann ein Bergsee nicht werden! Sein Ruf hallt bis in entlegene chinesische Provinzen – was allerdings ein Aufkommen an fernöstlichen Busreiseurlaubern zur Folge hat, das Toleranz und Weltoffenheit bei allen anderen Besuchern auf eine harte Probe stellt. Vielleicht wollten wir gerade deshalb – die altbekannte Aussicht längst kennend – einen neuen Blickwinkel wagen. Wir hatten gelesen, dass man den schönsten Blick auf den See vom Gipfel des Mount Babel (korrekt: die turmartige, furchteinflößende Erscheinung links von mir auf dem Foto) hätte. Die Herausforderung: Um nach oben zu gelangen, reichen zwar drei Minuten Fußmarsch, danach würde es aber einen halben Kilometer, beinahe senkrecht ein Geröllfeld hinaufgehen. Das klang nach Abenteuer! Vor allem für unseren Kleinsten, der sich in den letzten Wochen als eine Art Mini-Schneeziege entpuppt hatte. Neo klettert momentan praktisch überall. Die Kletterwände auf den Spielplätzen meistert er im Trainingsmodus. Im offenen Gelände bespringt er jeden Felsen, der ihm auch nur einen Hauch von Halt gewährt. Selbst Bäume sind nicht mehr vor ihm sicher. So kam ein wackeliges und teilweise rutschiges Geröllfeld gerade recht. 11/09/2018
Schneegestoeber LAKE LOUISE, ALBERTA, KANADA
Die ersten Flocken fielen nicht unbedingt im besten Moment. Wir waren gerade dabei, den Abstieg in einem fast vertikalen Geröllfeld vorzubereiten, als uns der kanadische Winter den ersten Vorgeschmack seiner Pracht lieferte. Das Treiben hörte zwar nach ein paar Minuten wieder auf, doch schon am nächsten Tag hatte sich der Herbst vollends seinem Schicksal ergeben und schnellstmöglich das Weite gesucht. Es schneite 24 Stunden am Stück. Am Ufer des weltberühmten Lake Louise sahen wir keine fünf Meter weit. In der Nacht blieben fast dreißig Zentimeter liegen. Der Anblick der Rocky Mountains, gepudert in Neuschnee, an diesem kalten und klaren Morgen war unglaublich. Weiße Nadelwälder, schneeverhangene Gipfel und als packenden Kontrast dazu, azurblaue Gletscherseen. Egal, wo wir auf dem Icefield Parkway hielten, selbst an den Plumpsklos namenloser Teiche entlang des Weges, war es durch und durch wundervoll. Vor allem für Neo. Er verköstigte Schneeeis an seine Schleich-Armada, warf Schneebälle auf seine Eltern und baute Schneemänner mit Tannenzapfennasen – all die Dinge, die einen Winter erst erlebenswert machen und in Deutschland viel zu selten vorkommen. Vielleicht haben wir ja in diesem Jahr mehr Glück. 13/09/2018
Zu unserem Erstaunen schaffte er tatsächlich die ersten 150 Meter Anstieg ganz alleine, sprang von Fels zu Fels und hielt das Gleichgewicht, selbst wenn die Steine unter ihm nachgaben. Doch irgendwann schwanden seine Kräfte. Danach wechselte er ins Tragesystem und hielt – mit Benjamin Blümchen aus dem Handy, Dinosauriergummis im Mund und an die Socken geklebten Fußwärmern – die restlichen zwei Stunden der durchaus nervenaufreibenden Kraxelei tapfer durch. Vor allem die Fußwärmer waren dringend notwendig, da es oben nach schnellem Genuss der phänomenalen Aussicht, erst zu schneien und kurz darauf zu hageln begann. Teile der Gruppe befürchteten schon, dass wir nicht mehr runterkommen würden, aber es half ja nichts. Unerwarteterweise stellte sich der Abstieg jedoch als durchaus amüsante Angelegenheit heraus. Im Stile eines Abfahrtläufers „rannten“ wir den Berg in Schwüngen herunter. Der federnde Kies bremste die Geschwindigkeit auf ein zügiges, beim Nachwuchs Jauchzen auslösendes, aber doch gut kontrollierbares Maß. So dauerte es keine 25 Minuten und wir waren wieder im Tal – und blickten noch einmal ganz nach oben auf den Gipfel, der in der Zwischenzeit nichts von seiner furchteinflößenden Wirkung verloren hatte.
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Fear of the Dark GLACIER NATIONAL PARK, MONTANA, USA
In der Theorie klang es nach einer fabelhaften Idee, mitten in der Nacht loszulaufen. Man ist der Erste auf dem Trail, muss nirgends warten und hat die Schönheit der Natur ganz für sich. Das waren keine schlechten Argumente, bedenkt man, dass sich sonst hunderte Menschen pro Tag, sieben Tage die Woche, auf den Weg zum Grinnel Gletscher im Glacier National Park in Montana machen, an dessen Startpunkt ich nun um kurz vor halb Sechs stand. Was ich nicht ganz durchdacht hatte: Um 5.30 Uhr graute noch längst kein Morgen, sondern nur mir vor dem stockfinsteren Wald. Die Beklemmung wurde nicht unbedingt weniger, als nach rund 400 Metern Wegstrecke auf einmal zwei gewaltige Augenpaare vor mir auftauchten, die sich grünlich im Licht meiner Stirnlampe reflektierten. Was kreuzte da von links nach rechts den Weg?
Meine erste Vermutung waren Wölfe. Die Körperform und die langen Schwänze passten, die Schulterhöhe aber nicht ganz. Als mir einer der beiden unangemessen langen Augenkontakt gewährte, hatte ich für's erste genug von der Naturbeobachtung. Ich trat den Rückweg zum Parkplatz an.
Dort atmete ich tief durch, wartete fünf Minuten und ging zurück in den Wald. Es war nun 5.45 Uhr und immer noch äußerst finster. 01/09/2018
Tatsächlich wartete eine der Bestien noch immer am selben Fleck auf mich. Doch diesmal, mit einer weiteren Taschenlampe ausgestattet, erkannte ich ihre wahre Gestalt: Ich blickte in ein Raubkatzengesicht. Keine 20 Meter vor mir saßen Pumas mitten auf dem Wanderweg. Mein Herz raste. Ich entschied mich - das kleine schwarze Pfefferspray fest umklammert, das diesen Monat seine Haltbarkeit verlor - abermals für den strategischen Rückzug. Auf dem Parkplatz wartete ich, voller Adrenalin, auf das Morgenlicht. Ich guckte ständig nach vorne und hinten, um nicht Opfer eines gemeinen Hinterhalts zu werden. Erst als sich der Morgen zumindest entfernt um 6.15 Uhr ankündigte, traute ich mich wieder in den Wald. Und diesmal war der Weg frei. Keine Berglöwen weit und breit, nicht mal ein Eichhörnchen. Dafür hatte mein Körper in den Kampf-dem-wilden-Tier-Modus geschaltet, sodass ich jedes Geräusch im Wald spürte. Eine Eule auf einer Tanne sorgte für Gänsehaut. Ein Elch am Wegesrand für Zittern am ganzen Körper. Jeden Moment, so fühlte es sich an, könnte Etwas aus dem Busch springen. Auf den 16 Kilometern zum Grinnel Gletscher und zurück, sollte ich noch drei weitere Elche, zwei Dickhornschafbullen und eine Grizzlymutter mit zwei Jungen treffen. Unvergesslich wird aber nur das nächtliche Puma-Rendezvous bleiben.
GLACIER NATIONAL PARK, MONTANA, USA GLACIER NATIONAL PARK, MONTANA, USA GLACIER NATIONAL PARK, MONTANA, USA GLACIER NATIONAL PARK, MONTANA, USA GLACIER NATIONAL PARK, MONTANA, USA GLACIER NATIONAL PARK, MONTANA, USA ROCKY MOUNTAIN NATIONAL PARK, COLORADO, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA GLACIER NATIONAL PARK, MONTANA, USA GLACIER NATIONAL PARK, MONTANA, USA
Die wundersame Rettung des Mr. Peabody MISSOURI RIVER, MONTANA, USA
Als Mr. Peabody an einem sonnigen Sonntagabend ohne Vorwarnung in unser Leben trat, erhielt Neo gerade eine Einführung in das nordamerikanische Unterwasserleben. Als Dozenten betätigten sich zwei eifrige Dreizehnjährige, gleich neben dem mächtigen Missouri River im zentralen Montana, die Jagd auf gepunktete Fische machten. Sie angelten an einem kleinen Tümpel von einer hölzernen Brücke aus, mit Würmern als Köder. Eine Regenbogenforelle lag schon in einer Plastiktüte. Weitere sollten folgen. Wir kamen ein bisschen ins Plaudern. Die Jungs machten große Augen, als sie mitbekamen, das wir aus Europa waren. Zack, eine Forelle. Wir erzählten von unserer geplanten Reise zum Glacier National Park, an der Grenze zu Kanada. Zack, die nächste Forelle. Neo artikulierte seine Faszination an so viel Entertainment durch wildes Trampeln. Zack, ein kleiner roter Krebs. Einer der Jungen fragte, was für eine komische Sprache wir da murmelten – und plötzlich hing Mr. Peabody am Haken. Sein Bauch war rot und gelb und in wilden Mustern gesprenkelt. Die Arme und Beine schuppig, der Kopf prähistorisch. 26/08/2018
Eine spätere Recherche ergab: Westliche Zierschildkröte. Mr. Peabody hatte den Wurm gewollt und einen fiesen Haken bekommen. Einmal voll durch den Unterkiefer. Daran wurde er nun Stück für Stück aus dem Tümpel gezogen. Der eine Junge fluchte. Er sagte: „Das hatten wir gestern schonmal. Den Haken kriegen wir nie raus. Das Viech beißt mir immer in die Finger.“ Selbst der lokale Fisch-und-Jagd-Beauftrage hätte es angeblich nicht geschafft. So machte sich der Junge daran, die Leine von der Schildkröte zu kappen, womit das Schicksal des Reptils praktisch besiegelt war. Doch so konnte diese Geschichte natürlich nicht enden. Also schnappten wir uns Mr. Peabody und brachten ihn, zum Erstaunen der Hausherrin, auf den Esstisch in Mathilda. Es begann die Operation. Als Instrumente dienten bisssichere Handschuhe, ein Seitenschneider und eine (ausgerechnet) alte Angelzange. Ein präziser Schnitt, ein kräftiger Ruck und Mr. Peabody war wieder ungepierct. Dafür hatte er eine schöne Kriegsgeschichte für die Turtle-Weibchen. Wir brachten ihn zurück zum Tümpel, wo er sich auf der Stelle in die Fluten stürzte. Hoffentlich hat er erstmal die Schnauze voll von Würmern.
MISSOURI RIVER, MONTANA, USA WATERTON LAKES NATIONAL PARK, ALBERTA, KANADA GLACIER NATIONAL PARK, MONTANA, USA GLACIER NATIONAL PARK, MONTANA, USA GLACIER NATIONAL PARK, MONTANA, USA GLACIER NATIONAL PARK, MONTANA, USA GLACIER NATIONAL PARK, MONTANA, USA
YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA GRAND TETON NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA
GRAND TETON NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA GRAND TETON NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA ROCKY MOUNTAIN NATIONAL PARK, COLORADO, USA
ROCKY MOUNTAIN NATIONAL PARK, COLORADO, USA GRAND TETON NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA WHITE RIVER NATIONAL FOREST, COLORADO, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA
Und das sollte es mit der Annäherung gewesen sein. In den kanadischen Rocky Mountains hatten wir kein Glück, in der Sierra Nevada auch nicht. Einmal verträumte ich eine Abfahrt zu einem Berg im Yukon Territory, auf dem todsicher Ziegen sein sollten, aber wir drehten dann nicht mehr um. Und nun dieser magische Montag. Wir waren Mount Evans hochgefahren, die höchste Straße in ganz Nordamerika. Wie gesagt: 4348 Meter, wo bis in die Siebzigerjahre sogar ein Restaurant betrieben wurde, das sein Ende in Propan-Flammen fand. Heute hat man dort einen spektakulären Ausblick auf die amerikanischen Rocky Mountains – und gratis Schneeziegen dazu. Gleich mehrere Familienverbände. Auf Tundrawiesen, in Wildbächen oder wahlweise direkt neben dem Toilettenhäuschen unterhalb des Gipfels. Der Anblick hatte nach all den Jahren der Suche etwas Surreales. Die Schneeziehen sahen kauzig aus, noch im Übergang zwischen Sommer- und Winterfell. Die einen glatt und flauschig. Die anderen im Gewand eines haitianischen Voodoo-Priesters, mit wallenden Dreadlocks. Allesamt phänomenale Tiere. Schneeziegen überleben von nährstoffneutralen Flechten, klettern fünfmal so schnell wie Menschen und können auf winzigen Felsspalten stehen, obwohl es unter ihnen hunderte Meter in die Tiefe hinab geht – ohne das ihnen der völlig entspannte (und leicht debile) Ziegenblick verrutscht. Nun gibt es nur noch zwei große nordamerikanische Landsäugetierarten (klammert man finanziell unerreichbare wie den Eisbären aus) bei denen unser Wildniszähler auf Null steht: Puma und Yeti. P.S. Neo geht es wieder gut.
Lost and Found MOUNT EVANS, COLORADO, USA
Auf 4348 Meter, dort wo einst das höchstgelegene Gebäude Amerikas stand, schloss sich der Kreis. Eine Herde mountain goats, wie sie hier genannt werden – und wir. Zeit zum Genießen des Augenblicks blieb aber keine, weil Neo just in diesem Moment einen dieser kleinen Steintürme einriss, die Wanderern den Weg markieren sollen, und sich dabei seinen Mittelfinger derart heftig einklemmte, dass er unter Geschrei ins Wohnmobil getragen werden musste. Aber warum überhaupt der ganze Aufriss wegen ein paar Ziegen? Es ist nun über 1500 Tage her, seit Judith und ich zusammen nordamerikanischen Boden betreten haben. Ich weiß noch, wie mich die teuflisch-anmutenden Bergbewohner auf der Stelle faszinierten, als ich die heimische Fauna im Reiseführer durchblätterte. Natürlich gibt es spektakulärere Arten: Grizzlybären, Narwale, Krokodile, Seekühe – aber die Ziegen blieben etwas Besonderes. Schon bald fuhren wir ins Hochgebirge, in ihren natürlichen Lebensraum. Wir trafen dort Dickhornschafe, Murmeltiere, Pfeifhasen, aber niemals die wallenden Fellmäntel, von denen es doch angeblich 50.000 Stück in Nordamerika geben soll. Fanatische Leser erinnern sich vielleicht noch an unsere Wanderung an der Flanke des Exit Gletschers in Alaska – wegen der Baumstachler, die meinen stinkenden Wanderstiefeln eine besondere Aufwartung machten. Dabei waren wir eigentlich unterwegs, um Schneeziegen zu sehen. Ein Ranger hatte uns erzählt, dass viele Wanderer an die Sturmschutzhütte pinkeln würden und die Ziegen das Salz darin schätzten. Immerhin: auf einer Wiese voller Wildblumen fanden wir während der Wanderung ein Büschel Schneeziegenwolle (das sich heute in in Leipzig befindet). In der Schutzhütte roch es einfach nur streng. 06/08/2018
ROCKY MOUNTAIN NATIONAL PARK, COLORADO, USA MOUNT EVANS, COLORADO, USA GREAT BASIN NATIONAL PARK, NEVADA, USA MOUNT EVANS, COLORADO, USA GREAT BASIN NATIONAL PARK, NEVADA, USA ROCKY MOUNTAIN NATIONAL PARK, COLORADO, USA LAKE TAHOE, NEVADA, USA WHITE RIVER NATIONAL FOREST, COLORADO, USA
Kammer auf dem Mars GREAT BASIN NATIONAL PARK, NEVADA, USA Um der Hitze zu entfliehen, kommt man am besten unter die Erde. In unserem Fall nicht in einem Eichensarg, sondern durch einen Betontunnel. Dieser führte hinab in die 10-Grad-kühle Finsternis der Lehman Caves am Fuße des Great Basin National Parks im äußersten Osten Nevadas. Entdeckt hatte die Höhle im späten 19. Jahrhundert einst der erfolglose Goldgräber Absalom Lehman, als eine Ratte sein Frühstücksbrot stahl und er bei der Verfolgung mitsamt seinem Pferd in den Höhleneingang fiel, steckenblieb und dort vier Tage ausharren musste (wie die unterhaltsamste der insgesamt rund 40 Entdeckungsgeschichten lautet). Wie auch immer er letztlich auf seine Höhle stieß, erkannte Lehman sofort das touristische Potential jener. Bald schon verlangte er einen Dollar Eintritt (was heute etwa 40 Dollars entspräche) für eine Kerze und die Garantie jeden Besucher nach spätestens 24 Stunden vor dem Tod in der Dunkelheit eigenhändig zu retten. Heute ist der Abenteuer-Faktor natürlich etwas geringer. Es gibt Ranger, beleuchtete Stalaktiten und Stalagmiten und einen betonierten Fußboden. Trotzdem ist die Führung spannend: Highlight war der „Lodge Room“, ganz zum Schluss der Tour, der in seiner Scharlach-Zinnober-Beleuchtung einen gewissen Höllen-Charme versprühte und schon vielfältigste Nutzungen erlebte. Hier zelteten Pfadfindergruppen am lodernden Lagerfeuer und die irrwitzige Filmcrew einer Sci-Fi-Horror-Version des „Wizard von Oz“ konstruierte tatsächlich einen Bachlauf quer durch die Höhle auf dem ein Schlauchboot trieb, damit es im Film so aussah, als paddelten die Helden direkt durch eine Kammer auf dem Mars. Gern hätten wir noch mehr solchen Geschichten in der wohltemperierten Finsternis gelauscht, aber die nächste Tour war unterwegs und so mussten wir zurück in die reale Gluthölle, für die irgendwelche temperaturresistenten Politiker den Slogan „Home means Nevada“ abgenickt haben, der jetzt auf dem neuen Nummernschild von Mathilda prangt. 01/08/2018
Infernale Kuppel YOSEMITE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA
Amerika hat uns zurück - die Begrüßung hatten wir uns aber anders vorgestellt. Egal, wo hin man hier im Umkreis von 1000 Meilen blickt, die Biomasse ist am Dampfen. Unbeherrschbare Waldbrände in Kalifornien, wo der Yosemite National Park schließen musste. „Flash Floods“ in Colorado, wo Autos nach apokalyptischen Starkregen durch die Städte schwammen. Über dem ganzen amerikanischen Westen prangt seit Monaten ein „Heat Dome“, eine flirrende Kuppel des Infernos, die für Wetterextreme und Temperaturrekorde sorgt, die keiner möchte. 45 Grad tagsüber in Las Vegas, 48 Grad in Phoenix, Arizona. Wir mussten bei unserer Ankunft zwar nur mit 33,34,35 Grad fertig werden, aber zur Erinnerung: Mathilda hat keine Klimaanlage, musste dafür aber repariert werden (Vorderbremsen, Benzinpumpe) – und das, ohne die Contenance eines Dreijährigen allzu stark zu beeinträchtigen. Aber, und hier nun die erste gute Nachricht: Wir sind unterwegs, für diesmal insgesamt 99 Tage, durch die Bundesstaaten Kalifornien, Nevada, Colorado, Wyoming, Montana, Alberta, British Columbia, Washington, Oregon und wieder Kalifornien. Und hoffentlich bald außerhalb des Infernos. 27/07/2018
MOUNT EVANS, COLORADO, USA GREAT BASIN NATIONAL PARK, NEVADA, USA LEHMAN CAVES, NEVADA, USA MOUNT EVANS, COLORADO, USA ROCKY MOUNTAIN NATIONAL PARK, COLORADO, USA FREMONT LAKE, WYOMING, USA GREAT BASIN NATIONAL PARK, NEVADA, USA MOUNT EVANS, COLORADO, USA
Kawuuum ARCO, IDAHO, USA Wir haben auf dieser Reise ja einige merkwürdige Gestalten kennenlernen dürfen. Aber ein arbeitsloser Army-Veteran aus Arco, Idaho (wo 1955 weltweit der erste Atomstrom ein paar Straßenlaternen zum glimmen brachte) soll hier eine besondere Erwähnung bekommen. Der ehemalige Soldat lebt heute in einem Wohnwagen und wer möchte, darf umsonst auf seinem Grundstück die Nacht verbringen. Scar, wie er sich selbst, wegen seinen Narben aus der Armee-Zeit, nennt, war einst nach einem Schlaganfall auf der Straße gelandet. Anderen soll es nicht so ergehen, deswegen die Idee mit dem Campingplatz. Mittlerweile gibt es dort sogar Strom gratis, weil Scar mehr von den Stadtwerken abnehmen muss, als er für sich braucht. Ebenso hat er für seine Gäste eine Outdoor-Dusche installiert, von deren Gebrauch ich dringend abraten würde, weil Scar sein komplettes Grundstück videoüberwacht – ganz besonders die Ecke mit der Dusche. Sein eigentliches Hobby aber sind Waffen. Scar besitzt vier Pistolen, zwei Maschinengewehre und eine Schrotflinte. Und so viel Munition, dass er, Zitat, „eine Zombie-Apokalypse“ überlebe würde. Um sich die Zeit zu vertreiben, bietet er jedem seiner Gäste an, mit ihm „shooten“ zu fahren. Und da sind sonst kaum die Gelegenheit bietet, diesen Teil des „American Way of Life“ zu verstehen, sagte ich kurzerhand zu. Weniger später führen wir raus auf die lokale Mülldeponie. Nach einer kurzen Einweisung, wie man das Risiko minimiert, sich in den Fuß zu schießen, reichte er mir eine Baretta (auf deren Griff er ein Bild – wie gesagt haltet euch von der Dusche fern – von einer anderen Camperin geklebt hatte, die er scharf fand) und ich durfte auf eine Metallscheibe ballern. In der nächsten halben Stunde lernte ich ein russisches Weltkriegsgewehr mit Bajonett ebenso zu benutzen, wie das Standartgewehr der US-Armee, ein M4-Karabiner, mit Hochleistungszielfernrohr. Höhepunkt am Ende war die Schrotflinte, mit der man – kawuuum! – auf einen Schlag vierzig Einschläge in die Metallscheibe zimmern konnte. Nachdem wir rund zwanzig Dollar an Munition verballert hatten, erklärte mir Scar seine schießpulvernebelte Weltsicht. „In den Medien werden immer nur die Massaker gezeigt“, sagte der gelernte Elektriker. „Nie, was Waffen alles verhindern.“ Er selbst geht deshalb, wie Millionen andere Amerikaner, ohne nicht aus dem Haus. Immer auf dem Sprung einen potentiellen Vergewaltiger, Ladendieb oder Terroristen auf frischer Tat zu erlegen. Dass es da überhaupt noch Kriminalität in den USA geben kann, grenzt beinahe an ein Wunder. 11/07/2016
YOSEMITE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA MONO LAKE, KALIFORNIEN, USA TIOGA LAKE, KALIFORNIEN, USA YOSEMITE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA YOSEMITE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA YOSEMITE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA ARCO, IDAHO, USA YOSEMITE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA SAN SIMEON, KALIFORNIEN, USA YOSEMITE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA
Independece Day YOSEMITE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA Manchmal sollte man seinem Reiseführer einfach vertrauen. Selbst wenn dieser zuvor die Golden Gate-Bridge als „atemberaubend“ verklärte, wo sich nur eine eher kümmerliche Stahltraverse auffand. Oder als von „zahlreichen Wildtieren“ auf einer Insel im Großen Salzsee geschwärmt wurde, bei deren Aufzählung man jedoch Mückenschwärme vergas, von denen man gedacht hätte, es gäbe sie nur im tropischen Urwald während der Monsunzeit. Wenn im Reiseführer aber steht, dass man in den Yosemite National Park keinesfalls am Wochenende fahren sollte, dann stimmt das ohne Wenn und Aber. Schon gar nicht sollte man am 4. Juli dort hinfahren, am Independence Day, wenn Millionen Amerikaner sich ihre Flagge ans Auto kleben, blau-weiß-rote Unterwäsche anziehen und in die Natur fahren, um den Gründungsmythos ihrer Nation zu zelebrieren. Wir waren aber froh, überhaupt mal wieder auf einen Berg zu kommen (wie gesagt - der Vergaser). Und da die Tage bis zum Rückflug immer weniger wurden, dachten wir uns, was soll's, so schlimm kann es schon nicht werden. Doch, kann es. Immerhin hatte der National Park Service, in weiser Voraussicht auf das zu erwartende Verkehrsaufkommen, jeden Mitarbeiter mobilisiert, der mit den koordinativen Fähigkeiten aufwarten konnte, ein Auto durchzuwinken. Darunter auch einige Achtklässler aus der lokalen Pfadfindergruppe. So standen an jeder Kreuzung zwei bis drei solcher "Ranger", die für ein reibungsloses Miteinander sorgen sollten. Doch es half alles nichts. Ab morgens um 10 Uhr ging es nur noch im Stop-And-Go voran - und zwar für die nächsten zwölf Stunden. Dazu muss man sich vorstellen, dass das Yosemite Valley nur 13 Kilometer lang ist, ausgefräst von Mercer River. Es ist wunderschön, umgeben von Granitmassiven und überschattet von der gigantischen Steinhalbkugel "Half Dome". Dazu gibt es fünf spektakuläre Wasserfälle, darunter die Yosemite Falls, den größten Wasserfall Nordamerikas, die doppelt so hoch sind wie das Empire State Building. All das zieht natürlich Unmengen an Besuchern an, aus den kalifornischen Metropolen, noch mehr aber aus China, Indien und Deutschland. So dauerte die Durchquerung des Tals, statt den normalen fünfzehn Minuten, auf einmal drei Stunden. Wer das einmal mit einem mürrischen Baby hinter sich hat, möchte nie wieder ins Yosemite Valley. Zum Glück gibt es noch einen alpinen Teil im Park, teilweise über 3000 Meter hoch. In den sich zwar immer noch etliche Besucher verirren, wo man aber zwischen Wildblumenwiesen, tschürpenden Murmeltieren und schneebedeckten Gipfeln so etwas wie Bergidylle genießen kann. 07/07/2016
ELDORADO NATIONAL FOREST, KALIFORNIEN, USA YOSEMITE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA YOSEMITE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA BIG BASIN REDWOODS STATE PARK, KALIFORNIEN, USA YOSEMITE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA YOSEMITE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA YOSEMITE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA MONO LAKE, KALIFORNIEN, USA SADDLEBACK WILDERNESS, KALIFORNIEN, USA
SADDLEBACK WILDERNESS, KALIFORNIEN, USA SEQUOIA NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA YOSEMITE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA SADDLEBACK WILDERNESS, KALIFORNIEN, USA YOSEMITE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA YOSEMITE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA BUTCHERS GAP, KALIFORNIEN, USA SADDLEBACK WILDERNESS, KALIFORNIEN, USA SEQUOIA NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA YOSEMITE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA
Californication FRESNO, KALIFORNIEN, USA Wir sind in Kalifornien angekommen, dem letzten Bundesstaat auf unserer Reise. Einer der amerikanischen Sehnsuchtsorte schlechthin. Geburtsstätte der Hippie-Kultur und heute Technik-Mekka. Besungen von den Beach Boys bis zu den Red Hot Chili Peppers für einen Hedonismus zwischen Palmen, Sand und Surfbrettern. Ein Bundesstaat in dem der Bürgermeister einer Kleinstadt schon mal Clint Eastwood heißen kann und in dem sich Solarium-Besitzer zu Eisverkäufern umschulen lassen, weil die Sonne, Sommer wie Winter, praktisch immer scheint. Doch im Klima liegt auch die Krux des Sehnsuchtsortes. Denn genaugenommen nimmt sich Kalifornien wettertechnisch praktisch nichts mit, sagen wir, Libyen oder der Elfenbeinküste. Der „Golden State“ (was sich nur auf die völlig vertrockneten Weideflächen der kalifornischen Kühe und Zebras - wer hätte das gedacht - beziehen kann) verbringt bereits das vierte Jahr in einer verheerenden Dürre. Die Zeiger der Brandgefahr-Hinweisschilder in den Wäldern stehen durchgängig auf „catastrophic“. Etliche Stauseen, die das Überleben von Metropolen wie San Francisco oder Los Angeles sichern, sind so gut wie leer. Wassersparen ist politisches Mantra geworden, mit teilweise fragwürdigen Entscheidungen. So standen wir schon vor verrammelten Duschen auf staatlichen Campingplätzen, während keine 30 Kilometer entfernt, Mandel- und Walnussplantagen von der Größe Belgiens bewässert wurden (zur Erinnerung: eine einzige Mandel verbraucht im Anbau 4 Liter Wasser). Aber was macht schon ein müffelnder Camper, wenn man eine Nation zu ernähren hat? Seiner Körperhygiene kann man ja schließlich auch in den unzähligen Autowaschanlagen nachkommen, deren 30/06/2016
Betrieb niemanden zu stören scheint. Für Camper hat das Wetter noch mehr negative Auswirkungen. Weil harmlose Lagerfeuer schon öfter zu unkontrollierbaren Flächenbränden mutierten, verbieten etliche Landkreise – vor allem am Pazifik und in den Bergen – das Übernachten im Auto außerhalb von Campingplätzen (die chronisch ausgebucht sind). Das sind jedoch die einzigen Gegenden in denen keine „Triple Digit Temperatures“, also über 100 Fahrenheit (40 Grad), herrschen. Unser Plan lautete deshalb vom Ozean schnurstracks in die Sierra Nevada zu fahren. Dummerweise hatten wir vergessen unseren Vergaser in den Plan einzuweihen. So verbrachten wir drei volle Tage in Fresno, der Truthahn-Hauptstadt der USA (wobei es Magmakammer eher trifft), und suchten nach einer Werkstatt. Eine infernalische Erfahrung, die in diesem Leben keine Wiederholung braucht. Drücken wir es so aus: In Fresno friert man, nur bekleidet mit einer Badehose, auch zwei Uhr nachts nicht. Schafft man es allerdings ans Meer oder in die Berge – so viel sollte fairerweise noch erwähnt werden – gibt es tatsächlich die eine oder andere Sache, die Sehnsüchte wecken kann. Das schäumende Rauschen des Pazifiks zum Beispiel, oder die über 2000 Jahre alten Mammutbäume im Sequoia-National Park (zweite Reihe, vorletztes Bild), die unvorstellbare Hässlichkeit des Condors (zweite Reihe, letztes Bild) genauso wie die Possierlichkeit der Seeotter (zweite Reihe, sechstes Bild) sowie das olfaktorische Werkzeug der Elefantenrobben (gleich neben diesem Text). Nur bitte, nie wieder zurück ins zentrale Kalifornien! Dafür bin ich sogar bereit, einen Gopher zu küssen (zweite Reihe, zweites Bild).
KERN RIVER, KALIFORNIEN, USA POINT REYES NATIONAL SEASHORE, KALIFORNIEN, USA KINGS CANYON NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA SAN SIMEON, KALIFORNIEN, USA KINGS CANYON NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA SANTA CRUZ, KALIFORNIEN, USA  LAKE TAHOE, NEVADA, USA SAN SIMEON, KALIFORNIEN, USA BIG SUR, KALIFORNIEN, USA  POINT REYES NATIONAL SEASHORE, KALIFORNIEN, USA BIG SUR, KALIFORNIEN, USA
POINT REYES NATIONAL SEASHORE, KALIFORNIEN, USA MOSS LANDING, KALIFORNIEN, USA KERN RIVER, KALIFORNIEN, USA POINT REYES NATIONAL SEASHORE, KALIFORNIEN, USA  CRATERS OF THE MOON, IDAHO, USA MOSS LANDING, KALIFORNIEN, USA LAKE TAHOE, NEVADA, USA SAN SIMEON, KALIFORNIEN, USA SAN FRANCISCO, KALIFORNIEN, USA  LAKE TAHOE, NEVADA, USA SEQUOIA NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA BIG SUR, KALIFORNIEN, USA
YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA
GRAND TETON NATIONAL PARK, WYOMING, USA
YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA GRAND TETON NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA GRAND TETON NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA GRAND TETON NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA GRAND TETON NATIONAL PARK, WYOMING, USA GRAND TETON NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA
Urlaub auf der Magmakammer YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA Heißer Dampf liegt über dem Firehole River. Bisonherden grasen an den warmen Ufern. Sie stehen vor einer Quelle, die innen die Farbe von blauem Mundwasser hat und am Rand wie Spülmittel mit Zitrusgeruch aussieht. Ein Geysir schleudert plötzlich seine siedenden Fluten in die Höhe. Zwei Raben verschwinden verschreckt über den Gipfeln des Nadelwalds. Es ist eine zeitlose Szene in Yellowstone. Die Eindrücke einer Expedition vor fast 150 Jahren waren kaum anders. Dort wo heute eine Blockhütte an einer Flussgabelung steht, sprachen die mitgereisten Expeditions-Teilnehmer, darunter Wissenschaftler, Maler und Fotografen, am Lagerfeuer darüber, dass solch ein besonderer Fleck Erde keinem Mensch jemals gehören sollte, sondern der Menschheit an sich. Es war die Geburtsstunde dessen, was wir heute „Nationalpark“ nennen. Über 2000 solcher geschützter Gebiete gibt es mittlerweile in 120 Ländern auf der Welt. Nationalparks existieren in Simbabwe, Argentinien und im Oderbruch. Yellowstone war Vorbild für sie alle, gegründet 1872, ein Jahr nachdem die Geschichten und Bilder der oben genannten Expedition ganz Amerika elektrisierten. Zu einer Zeit als erstmals verstanden wurde, dass Natur nicht nur Baumaterial sein kann, sondern Erholung, Stille, Inspiration. Dabei stehen in Yellowstone weder die höchsten Gipfel, noch gibt es die tiefsten Schluchten. Der Park an 24/05/2016
sich ist nur ein riesiger Nadelwald von der Größe Korsikas, durchdrungen von einer Vielzahl Flüssen, Bä-chen, Seen und ein paar Gras- und Sumpflandschaften. Doch acht Kilometer unter der Erdoberfläche brodelt ein „Supervulkan“, der größte auf dem Kontinent. Der Hauptteil des Parks befindet sich auf dessen aktiver Magmakammer. Sie ist 80 Kilometer lang, 40 Kilometer breit und zehn Kilometer mächtig, wie es bei Wikipedia so schön heißt. Bei einer Explosion dieser sogenannten Caldera würde die Hälfte der USA in den Abgrund mit- gerissen. Der Supervulkan ist dafür verantwortlich, dass in Yellowstone praktisch jedes Loch wabert, dampft und zischt. Über 10.000 geothermale Quellen gibt es im Park. Es ist die höchste Konzentration von Geysiren, Schlammtöpfen und heißen Pools auf der Welt (über 50 Prozent aller geothermalen Quellen weltweit befinden in Yellowstone). Der bekannteste Geysir unten ihnen ist „Old Faithful“, der in schöner Regelmäßigkeit alle 90 Minuten seine Fontäne in die Lüfte spritzt. Viel beeindruckender aber sind die unzähligen heißen Quellen in Yellowstone. Sie leuchten in blau, grün, türkis, gelb, orange, rot und braun und und heißen nicht umsonst „Morning Glory Pool". Die größte unter ihnen, die „Grand Prismatic Spring“, sieht von oben aus wie ein abstraktes Gemälde eines zerrinnenden Regenbogens.
 Die kräftigen Farben werden von verschiedenen thermophilen Bakterien und Algen erzeugt, die sich in unterschiedlichen Temperaturbereichen wohlfühlen. So lässt sich an der Farbe des Wassers ablesen, ob man darin Eier kochen kann. Azurblau bedeutet brodelnd heiß über 90 Grad, gelb noch um die 50 Grad und rostbraunes Wasser hat eine angenehme Badetemperatur um die 30 Grad. Früher schmissen viele Besucher sämtliche Handtascheninhalte in die Geysire und Pools, um sie zum Ausbrechen zu bringen. Das ist heute strengstens verboten. Warnschilder stehen praktisch überall. Auch wer einen Schritt vom Plankenweg wagt oder einen Wapitihirsch streichelt, begeht eine erhebliche Straftat. Damit es dazu gar nicht erst kommt, patrouilliert eine kleine Armee an Rangern sämtliche Parkstraßen und ermahnt voreilige Besucher strikt, sobald die Situation die Gefahrenlage von, sagen wir, Topfschlagen erreicht hat. Der Grund für die Bevormundung (zur Verdeutlichung: Als ich in der Besucherinfo nach einer Wanderung fragte, auf der möglichst viele wilde Tiere herumstreunen, bekam ich einen entsetzten Blick, als hätte ich nach dem nächsten Puff gefragt) dürfte in der schwierigen Vergangenheit von Yellowstone liegen. Leute sprangen hier schon in Pools mit kochendem Wasser und dem pH-Wert von Batteriesäure.
Manche wurden versehentlich erschossen und manche versanken einfach im Boden. Und weil es früher erlaubt war Bären zu füttern, gibt es heute eine hervorragende Infrastruktur an ambulanten Kliniken im Park. Um die Krankenhausaufenthalte zu reduzieren, verkaufen sämtliche Souvenirs-Shops zum Vorzugspreis von 50 Dollar ein besonders starkes Pfeffergas als „Bearspray“. Doch auch dessen Handhabung scheint zu Problemen zu führen. So müssen sich manche Leute (asiatische Reisegruppen – jede Wette) damit reihenweise eingenebelt haben, sonst würde die offizielle Parkzeitung nicht ausdrücklich davor warnen, das potente KO-Gas mit Reichweite von knapp 15 Metern, zum Schutz vor Meister Petz, nicht wie Autan aufzutragen. Wir überlebten eine Woche Yellowstone jedenfalls ohne größere Zwischenfälle. Dabei nutzten wir jede freie Minute um nach „gefährlichen“ Säugetieren Ausschau zu halten. Am Ende kamen wir auf 654 Bisons, vier Elche, neun Grizzly- und sechs Schwarzbären, acht Kojoten und zwei Wölfe. Einen tiefschwarzen Wolf konnten wir sogar bei der erfolglosen Jagd auf Antilopen beobachten, ehe er ein Bison erschreckte (siehe Foto) und anschließend verlegen an einem Büffelschädel nagte. Wieder so eine zeitlose Szene in Yellowstone.

 

YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA YELLOWSTONE NATIONAL PARK, WYOMING, USA
Plantschen im Vulkan CRATER DOME, UTAH, USA Wir sind in einen Vulkan gesprungen. Aber keine Angst, wir hatten Schwimmwesten an. So lautet die Vorschrift, wenn man im „Crater Dome“ in Midway eine Stunde plantschen will. Der Lavakegel steht seit 8000 Jahren in dem idyllischen Bergdorf im nördlichen Utah. Seit den Neunzigern wird er von einem Resort-Hotelkomplex als Touristen-Attraktion vermarktet. Deshalb springt man heute nicht mehr von oben in das rund 30 Meter tiefe, aquamarinblaue Wasser, sondern betritt den Krater durch einen gebohrten Schacht von der Seite. Nachdem man sich für einen Schwimmweste (Neo bekam die ultrasüßeste mit kleinen Herzen drauf) entschieden hat, geht es hinein in die rund 15 Meter hohe natürliche Kuppel. Die Wassertemperatur liegt konstant bei 36 Grad. Im vorderen Bereich sind zwei kleine Becken durch schwimmende Holzplattformen abgetrennt, in denen man nicht permanent strampeln muss, um sich über Wasser zu halten. Dort erlebte Neo sein erstes Badeabenteuer. Die physikalische Kraft des Auftriebs war unserem Nachwuchs allerdings in etwa so geheuer, wie Hunden das Silvesterfeuerwerk. So ging es die meiste Zeit darum, ihn als Treibgut wieder einzufangen. Wir hatten trotzdem eine großartige Stunde. Allein sein Anblick in Schwimmweste war jeden Cent des Eintritts wert. 09/05/2016
COLORADO NATIONAL MONUMENT, COLORADO, USA MIDWAY, UTAH, USA ANTELOPE ISLAND, UTAH, USA CANYONLANDS NATIONAL PARK, UTAH, USA SPOOKY GULCH, UTAH, USA CACHE NATIONAL FOREST, UTAH, USA CANYONLANDS NATIONAL PARK, UTAH, USA COLORADO NATIONAL MONUMENT, COLORADO, USA DEAD HORSE POINT, UTAH, USA ZEBRA CANYON, UTAH, USA
Das Beinahe-Paradies ANTELOPE ISLAND, UTAH, USA Antelope Island könnte ein Paradies sein. Der Ort der Prophezeiung, wie ihn die Mormonen sahen. Deshalb siedelten sie im 19. Jahrhundert in Salt Lake City, vor dessen Toren die Insel im großen Salzsee liegt. Auf grünen, sanften Hügeln grasen hunderte urige Bisons. Außerdem ein paar namensgebende Gabelhornantilopen, Dickhornschafe und Rehe. Der Blick auf den gigantischen See mit seinen zahlreichen Stränden ist fantastisch. Und es gibt so gut wie keine privaten Grundstücke, bis auf eine einzige Ranch, die den Blick verstellen. Allerdings hat das Paradies zwei Haken. Zum einen hat der große Salzsee, der nach dem Toten Meer die höchste Salinität auf der Welt hat und in dem man deshalb immer oben treibt, einen Geruch, wie man sich ihn nur wünscht, wenn man aus dem Koma erwachen möchte. Beißend schiebt sich das Salz durch die Nebenhöhlen, bis man sich ganz benommen fühlt. Aber daran könnte man sich wohl gewöhnen, nach zwei, drei Jahren und dem Verlust des Geruchssinns. An was man sich aber nie gewöhnen wird, sind die No-See-Um's. Eine Mückenart, die so klein ist, wie Ü-Striche auf einer Computertastatur. Wenn man gegen diese Gattung versucht ein herkömmliches Moskitonetz oder Mückengitter ins Feld zu führen, hat das denselben Effekt als würde man mit einem Tennisschläger Gewehrsalven abwehren wollen. Das heißt: Man ist den blutsaugenden Rüsseln praktisch den ganzen Tag ausgeliefert. Wegen beider Umstände in Kombination, mussten wir das Paradies leider schnell wieder verlassen. Mit einer persuasiven Schlange hätte man vielleicht noch zurechtkommen können, aber das war definitiv zuviel. 10/05/2016
COLORADO NATIONAL MONUMENT, COLORADO, USA DINOSAUR NATIONAL MONUMENT, UTAH, USA ARCHES NATIONAL PARK, UTAH, USA COLORADO NATIONAL MONUMENT, COLORADO, USA DEAD HORSE POINT, UTAH, USA ARCHES NATIONAL PARK, UTAH, USA ANTELOPE ISLAND, UTAH, USA MIDWAY, UTAH, USA ARCHES NATIONAL PARK, UTAH, USA CANYONLANDS NATIONAL PARK, UTAH, USA VALLEY OF THE GODS, UTAH, USA COLORADO NATIONAL MONUMENT, COLORADO, USA
Auf der grünen Wiese CAPITOL REEF NATIONAL PARK, UTAH, USA Der 21. April im Jahr des Affen, war, so ist es zumindest anzunehmen, nur ein kleiner Schritt für die Menschheit. Im Leben eines blauäugigen Jungen aber war er ein großer Sprung. Wir saßen an diesem Donnerstagnachmittag zusammen auf einer grünen, gemähten Wiese unter einem schattigen Baum im Capitol Reef National Park. Dieser Umstand kam, nach Wochen karger Wüstenlandschaft, einem seltenen Luxus gleich. Die Wiese gehörte zum Gifford-Haus, in der einst eine Pionierfamilie gelebt hatte. Noch heute stehen um das Holzhaus herum mehrere Obsthaine, die die Mormonen im 19. Jahrhundert tugendhaft anlegt hatten. Hinter dem Anwesen plätschert gemächlich der Fremond River, an dem wir in den nächsten Tagen Bekanntschaft mit einer Gruppe Rehe und mit einem besonderen Exemplar Murmeltier machen würden, dem frühkindliche Behandlung bei einem Kieferorthopäden sicher nicht geschadet hätte. Vor rund 50 Jahren ging der gesamte Besitz in Staatseigentum über, um dort einen National Park zu eröffnen. Heute verkauft der Park Service im Gifford-Haus selbstgehäkelte Schürzen, eingemachte Marmeladen und frische Pies aus der Alu-Schale in den Geschmacksrichtungen Kirsche, Pfirsich, Apfel, Waldbeere und Erdbeer-Rhabarber. Wir entschieden uns für die süß-saure Variante und wurden nicht enttäuscht. Das kleinste Familienmitglied wollte natürlich seinen Anteil abhaben, als er etwas entfernt von unserem Picknick-Platz erspähte, was wir dort in die Luft hielten. Urplötzlich ging er in die Hocke, stellte sein Hinterteil heraus und stupste sich mit beiden Händen vom Gras nach oben – und stand. Das kannten wir schon. Doch dann tapste er, ein wackeliges Bein vor das andere, in unsere Richtung und machte fünf kleine Schritte bis zum Kuchen. So einfach war aus einem krabbelnden Baby ein laufendes Kleinkind geworden. 21/04/2016
Felsige Labyrinthe GRAND STAIRCASE-ESCALANTE NATIONAL MONUMENT, UTAH, USA
Was das Canyoneering angeht, haben wir definitiv Lunte gerochen. Glücklicherweise warteten auf der Hole-in-the-Rock-Road, die mitten durch den Süden Utahs und das Grand Staircase-Escalante National Monument führt, schon neue Abenteuer auf uns. Es gibt eine ganze Reihe äußerst enger Schluchten auf dieser knapp 100 Kilometer langen Schotterpiste, die im 19. Jahrhundert von Mormonen-Siedlern gebaut wurde, während diese auf den Weg zum Colorado River waren. Wir entschieden uns für den Zebra Canyon, den Peek-A-Boo und den Spooky Gulch. Der Zebra Canyon ist im Prinzip nur 300 Meter lang, gilt aber in der Szene als eine der schönsten Schluchten überhaupt. Das Problem ist nur: Um die spektakulären letzten Meter zu sehen, muss man, je nach Jahreszeit, durch knöchel- bis brusttiefes, matschbraunes Regenwasser waten oder gegebenenfalls auch schwimmen. Wir hatten vergleichsweise Glück. Das Wasser kam nur bis zu den Oberschenkeln. Dafür dürfte die Wassertemperatur mit der Beringsee im Spätnovember korreliert haben. Doch die Qualen lohnten sich. Am Ende ist der Canyon nur noch einen halben Meter breit. In sanftem Rosa- und Weißtönen schmücken gleichmäßige Streifen (daher der Name) die kantigen Wände. In den Schichten eingelagert sind sogenannte Moqui Marbles, 150 Millionen Jahre alte Eisenoxidkugeln, die
mit Sandstein gefüllt sind und bei den Indianern als heilige Steine gelten. Unser zweiter Trip führte uns zu den benachbarten Slots Peek-A-Boo und Spooky Gulch. Die Namen ließen schon erahnen, dass es dunkel, eng und ein bisschen schaurig werden würde. Der kleinere der beiden Canyon, Peek-A-Boo, war aber gar nicht gruselig, sondern mehr ein natürlicher Hindernisparcours. Um voran zu kommen, mussten wir pausenlos klettern, kriechen und springen. Spooky Gulch war dann noch mal eine andere Kategorie. Schon nach drei Minuten kamen die Wände so nah, dass es nur noch seitwärts weiterging. Mit einer Wassermelone (oder Bierplautze) wäre man an vielen Stellen stecken geblieben. Neo mussten wir aus dem Tragerucksack nehmen und ihn neben den Körper halten. Die beklemmende Enge schien ihm nichts auszumachen. Er jauchzte in einer Tour. Uns entgegenkommende Besucher waren schwer beeindruckt, ein Baby an diesem unwirklichen Ort zu sehen. Wir waren eher verwundert über diverse Hunde. Am Ende musste man an glattem Stein vier, fünf Meter nach oben klettern. Wir überlegten schon umzukehren, bis wir einen kleinen Gang fanden, der nach einem gründlichen Schlangen-Check, von der gesamten Familie durchkrabbelt wurde. Von da konnten wir zurück zum Tageslicht klettern. 17/04/2016
ZEBRA CANYON, UTAH, USA CANYONLANDS NATIONAL PARK, UTAH, USA CANYONLANDS NATIONAL PARK, UTAH, USA CANYONLANDS NATIONAL PARK, UTAH, USA CAPITOL REEF NATIONAL PARK, UTAH, USA CAPITOL REEF NATIONAL PARK, UTAH, USA ZEBRA CANYON, UTAH, USA CAPITOL REEF NATONAL PARK, UTAH, USA SPOOKY GULCH, UTAH, USA MONUMENT VALLEY, ARIZONA, USA CAPITOL REEF NATIONAL PARK, UTAH, USA
Monumentale Erfahrungen MONUMENT VALLEY, ARIZONA, USA An der Grenze von Arizona und Utah liegt das Monument Valley. Nach Grand Canyon, Yellowstone und Yosemite sicherlich der bekannteste Landschaftspark der USA. Zur Abwechslung wird er nicht vom National Park Service verwaltet, der dem Innenministerium untersteht, sondern von den Navajo-Indianern. Das bringt einige Besonderheiten mit sich. So muss sich folgendes Gespräch am Tickethäuschen ereignet haben, kurz nach dem Bezahlen von 20 Dollar Eintritt. Freundliche amerikanische Ureinwohnerin (FAU): Eins noch. Sie müssen wissen, dass für Wohnmobile die Straße durch das Tal gesperrt ist. Sie können aber noch bis zum Visitor Center fahren. Deutsche Kleinfamilie auf Reisen (DKR): Das Gebäude da vorne?
FAU: Ja.
DKR (sichtlich irritiert): Das ist maximal einen Kilometer entfernt.
FAU: Korrekt. DKR: Damit kostet die Fahrt 50 Cents pro Meter.
FAU (mit verständnisvollem Blick): Es tut mir leid, aber auf der Strecke sind schon so viele Wohnmobile stecken geblieben. Nebenbei bemerkt: unser Gift-Shop ist hervorragend! Wir entschieden uns, trotz der Abzocke, den Park zu 24/04/2016
besichtigen, was weniger mit dem Gift-Shop, sondern mehr damit zusammenhing, dass wir unbedingt die Nacht im Monument Valley verbringen wollten - mit Blick auf die berühmten, einsamen Monolithen in diesem gigantischen Tal. Der Campground war auch schnell gefunden. Wir hatten ihn uns nur ein bisschen anders vorgestellt. Was die Navajo angeht, so scheinen sie Fremde, wenn es nicht unbedingt sein muss, über Nacht nur ungern bei sich zu haben. Andernfalls ist es nicht zu erklären, wie man ein dermaßen liebloses Stück Ödnis, auf das man kein Kamel treiben könnte, ohne Schatten, ohne Wasser, ohne Strom, dafür mit genügend Staub um für asthmatische Anfälle zu sorgen, für 43 Dollar pro Nacht anbieten kann. Einziger Pluspunkt des Wüstenparkplatzes waren die pittoresken Buschknäuel, die man schon als Kind aus Cartoons kannte, die ab und zu durch's Bild flogen. Wir entschieden uns trotzdem, noch vor Sonnenuntergang abzureisen. Klar, der Blick ins Tal war schön. Aber es ist ziemlich schwierig, das ausreichend zu würdigen, wenn man droht, an jeder Ecke ausgenommen zu werden. So bleibt am Ende festzuhalten, dass das einzig monumentale am Monument Valley die halbstündige Hinfahrt war, auf der wir mit Neo zwölfmal zum Pinkeln anhalten mussten.
MONUMENT VALLEY, ARIZONA, USA SPOOKY GULCH, UTAH, USA CAPITOL REEF NATIONAL PARK, UTAH, USA ZEBRA CANYON, UTAH, USA CANYONLANDS NATIONAL PARK, UTAH, USA CANYONLANDS NATIONAL PARK, UTAH, USA ZEBRA CANYON, UTAH, USA CANYONLANDS NATIONAL PARK, UTAH, USA CAPITOL REEF NATIONAL PARK, UTAH, USA SPOOKY GULCH, UTAH, USA MOKI DUGOUT, UTAH, USA CANYONLANDS NATIONAL PARK, UTAH, USA
In der Klemme BUCKSKIN GULCH, UTAH, USA Erinnert sich noch jemand an „127 Stunden“, den Film in dem James Franco einen Wanderer spielt, der für fünf Tage in einem Canyon feststeckt und dem am Ende nichts anderes übrig bleibt, als sich mit einem billigen Multi-Tool den Arm abzuschneiden? Genau dort sind wir jetzt: im Süden Utahs, Heimat der sogenannten „Slot Canyons“. Das sind enge, gruselige Kanäle, von reißenden Fluten einst in den Sandstein gefräst, in deren dunklen Winkeln Skorpione und Schlangen Schutz vor der mörderischen Sonne suchen, oder wie im Fall von Aron Ralston, dessen Schicksal sich Hollywood vor einigen Jahren annahm, ein Felsbrocken unerwartet auf den eigenen Arm fällt. Kurzum: Immer ein Abenteuer wert. Unser erster Slot Canyon sollte „Buckskin Gulch“ sein, dessen Wände bis zu 100 Meter emporragen. Die Wanderung dorthin führt durch ein ausgetrocknetes Flussbett. Nach ein paar Kilometern stehen wir vor zwei Felsen, die einen schmalen, natürlichen Tunnel bilden. Drinnen ist es schon nach ein paar Schritten kalt, zugig und dunkel. Sonnenlicht gibt es höchstens für eine Stunde zur Mittagszeit. Es ist kein Ort an dem man allein sein möchte und schon gar nicht, wenn die Nacht hereinbricht. Dabei ist „Buckskin“ noch nicht einmal besonders eng für die hiesigen Verhältnisse. Nirgendwo schrammt man sich die Nase auf und Kamin-Kletterkünste braucht man auch nicht. Beliebt ist er vor allem, weil er praktisch endlos ist. Man kann seinen Schluchten locker vier, fünf Tage folgen. Dabei muss man immer wieder über Steine klettern, die den Weg versperren. Wir haben nach einer Stunde erstmal genug, sind uns aber einig: das wird nicht unser letztes Canyoneering-Abenteuer gewesen sein. 05/04/2016
BUCKSKIN GULCH, UTAH, USA BUCKSKIN GULCH, UTAH, USA ZION NATIONAL PARK, UTAH, USA BRYCE CANYON NATIONAL PARK, UTAH, USA KAIBAB NATIONAL FOREST, ARIZONA, USA BRYCE CANYON NATIONAL PARK, UTAH, USA ZION NATIONAL PARK, UTAH, USA DIXIE NATIONAL FOREST, UTAH, USA ZION NATIONAL PARK, UTAH, USA ZION NATIONAL PARK, UTAH, USA BRYCE CANYON NATIONAL PARK, UTAH, USA
DIXIE NATIONAL FOREST, UTAH, USA LAS VEGAS, NEVADA, USA ZION NATIONAL PARK, UTAH, USA ZION NATIONAL PARK, UTAH, USA ZION NATIONAL PARK, UTAH, USA ZION NATIONAL PARK, UTAH, USA BRYCE CANYON NATIONAL PARK, UTAH, USA BRYCE CANYON NATIONAL PARK, UTAH, USA BUCKSKIN GULCH, UTAH, USA ZION NATIONAL PARK, UTAH, USA DIXIE NATIONAL FOREST, UTAH, USA
Weiße Savanne BRYCE CANYON NATIONAL PARK, UTAH, USA
Die Namensgebung des Bryce Canyon National Parks ist ein wenig verwunderlich. Bryce hieß einer der ersten Mormonen-Farmer hier, aber einen Canyon kann man lange suchen. Viel mehr handelt es sich bei dem Park um ein gigantisches Plateau, von dessen Abbruchkante man auf tausende erodierte Sandsteinformationen hinabblickt. Es ist die größte Ansammlung solcher Hoodoos auf der Welt. Von oben ist der Blick fantastisch. Manche der Felsen sehen aus wie Pilztürme, manche wie zerklüftete Pyramiden. Einer ähnelt Thor's Hammer und heißt deshalb so. Einer heißt Queen Victoria, wobei die Ähnlichkeit dort eher vage ist. Die Schattierungen und Farben der Steine wechseln je nach Lichteinfall. Bryce Canyon sieht praktisch immer anders aus – vor allem wenn es schneit, wie am letzten Tag unserer Erkundung. Am Abend zuvor hatten wir noch eine Herde Gabelhorn-Antilopen beobachtet, mit denen wir uns den Schlafplatz auf einer Lichtung teilten. Es fühlte sich ein bisschen an, als würden wir durch die afrikanische Savanne streifen. Am nächsten Morgen hatte die Szenerie jedoch mehr etwas von „Ice Age“. Die Schneeflocken fielen in der Größe von Maikäfern – und wir stürmten sofort los zu den Aussichtspunkten. 15/04/2016
Ein Platz für Engel ZION NATIONAL PARK, UTAH, USA Wenn Kiefern und Kakteen für Wochen das einzige Grün der Landschaft bilden, kann das zu schlimmen Mangelerscheinungen führen. Anders ist es nicht zu erklären, wie uns die Kulisse im Zion National Park derartig wegblasen konnte. Das Tal des Parks, abgetragen über Millionen von Jahren vom Virgin River, war derartig grün, dass schottische Schafe dafür auf der Stelle ihre Unabhängigkeit erklären würden, um in die USA zu ziehen. Überall sprossen die Cottonwood-Bäume, der Fluss (an dem es sich prima mollen ließ) plätscherte frenetisch und selbst die Bienen summten. Eine Frühlings-Epiphanie aus Rosamunde-Pilcher-Heften. Wir lagen jedoch nicht nur auf Sandbänken herum, sondern betätigten uns auch tüchtig. Highlight war der Aufstieg auf „Angel's Landing“. Ein 1700 Meter hoher Monolith, mit Felswänden, die an beiden Seiten gerade in die Tiefe abfallen. So hoch, dass dort nur Engel landen können, wie der Name, metaphorisch vielleicht etwas erhitzt, bereits sagt. Die letzte halbe Meile klettert man an Ketten hinauf. Ein Spaß für die ganze Familie. Unser Engel („How beautiful! An angel on Angel's Landing“ - wie eine Wanderin mit Pensionsanspruch trefflich bemerkte) hatte zwar nicht viel für den traumhaften 360-Grad-Ausblick übrig, machte dafür aber ganz oben Bekanntschaft mit ein paar aufdringlichen Streifenhörnchen, die ihm den Obstbrei streitig machen wollten. 10/04/2016
BRYCE CANYON NATIONAL PARK, UTAH, USA BUCKSKIN GULCH, UTAH, USA ZION NATIONAL PARK, UTAH, USA BRYCE CANYON NATIONAL PARK, UTAH, USA BRYCE CANYON NATIONAL PARK, UTAH, USA BRYCE CANYON NATIONAL PARK, UTAH, USA ZION NATIONAL PARK, UTAH, USA ZION NATIONAL PARK, UTAH, USA BUCKSKIN GULCH, UTAH, USA GRAND CANYON NATIONAL PARK , ARIZONA, USA BRYCE CANYON NATIONAL PARK, UTAH, USA ZION NATIONAL PARK, UTAH, USA
KAIBAB NATIONAL FOREST, ARIZONA, USA VALLEY OF FIRE, NEVADA, USA VALLEY OF FIRE, NEVADA, USA LONE ROCK, ARIZONA, USA VALLEY OF FIRE, NEVADA, USA GRAND CANYON NATIONAL PARK, ARIZONA, USA GRAND CANYON NATIONAL PARK, ARIZONA, USA
Am Banditen LAS VEGAS, NEVADA, USA
Der erste Zehn-Dollar-Schein war eingezogen. Der Automat blinkte hyperventilierend. Siebenen, Früchte und Goldsäcke wirbelten umher. Kirsche, Sieben, Sack. Verdammt. Weiterspielen. Doch der entstehende Sog wurde jäh unterbrochen: „Babys sind im Casino nicht erlaubt“, rief eine Stimme aus dem Nichts. Das wussten wir schon, aber kann man es nicht trotzdem mal versuchen? Die Aufpasserin im Bellagio, Jahresumsatz um die 400 Millionen Dollar, kannte kein Erbarmen. „Ihr müsst weitergehen“, erklärte sie strikt. Also trennten wir uns. Neo und ich gingen in den Einkaufsbereich des Casinos. Judith an einen anderen Automaten. Übrig waren da noch 8 Dollar und 40 Cents. Während sie weg war, beobachten wir das berühmte „Wasserballett“ auf dem Vorplatz. Riesige, im gleißenden Licht sich verschlingende Fontänen. Nach zwanzig Minuten kam Judith zurück. Einen weißen Schein in der rechten Hand. Las Vegas ist eigentlich purer Trash. Bei Tageslicht ist der „Strip“ nicht zu ertragen, mit all den nachgebauten Rialto-Gondeln, Eiffeltürmen und Pharaoengräbern. Am Abend kommen dazu noch die betrunkenen Touristen, die sich legendäre Momente erhoffen und doch nur ihre Ersparnisse an den Maschinen verspielen. Siebenen, Früchte, Ernüchterung. Keine Goldsäcke. Zumindest nicht für jeden. Judith dagegen hatte ihr Kapital in der kurzen Zeit beinahe vervierfacht, kurzzeitig sogar an der 40 Dollar-Marke gekratzt. „Du solltest über eine Profikarriere nachdenken“, sagte ich als sie uns den Gewinnschein zeigte. Am Automaten ließen wir uns 32 Dollar und ein paar Zerquetschte auszahlen und zogen, durchaus vergnügt, zurück in die glitzernde Nacht. 24/03/2016
LAS VEGAS, NEVADA, USA LAS VEGAS, NEVADA, USA
Der große Graben GRAND CANYON NATIONAL PARK, ARIZONA, USA
So viele Touristen wie am Grand Canyon haben wir noch nie gesehen. Na gut, vielleicht in Manhattan, aber nicht in einem Nationalpark. Die aus der ganzen Welt anrückenden Massen lassen sich von nichts aufhalten, um einmal einen Blick auf die große Schlucht zu werfen. Nicht von den regelmäßigen Nachtfrösten und Schneefällen die das Hochplateau im nördlichen Arizona im Frühjahr noch heimsuchen, und schon gar nicht von den allgegenwärtigen Wartezeiten. Schon bei den Eingangshäuschen, bei Vollbelegung immerhin sechsspurig, geht es los mit der Warterei. Im Visitor Center sollte man besser nicht mehr als zwei Fragen loswerden, bevor der wartenden Meute die Gesichter entgleisen. Auf den Parkplätzen herrschen zu gewissen Tageszeiten bürgerkriegsartige Zustände. Die leuchtenden Straßenhinweise „Parkareale A bis Z sind voll, bitte fahren Sie weiter“ gehen niemals aus. Als Transport-Alternative bleiben da nur die Shuttle-Busse, allerdings nur, wenn man Kuschelpartys gegenüber aufgeschlossen ist. So war es schön ein bisschen Abstand von all dem Trubel im angrenzenden Kaibab National Forest zu finden. Im Wald war praktisch niemand, außer hier und da ein Unterkiefer oder Huf eines verblichenen Wapiti-Hirsches – Überreste der letzten Jagdsaison. Zwischen Kiefern und Fichten fand auch Neos erste Geburtstagsfete statt. Der Beglückwünschte durfte Kieferborke probieren, nachdem sein Geburtstagsmuffin aus Haferflocken und Apfelmus im munteren Treiben in den Dreck gefallen war. Nebenbei wurden Seifenblasen geblasen und ein neuer Holzdrachen über den Waldboden gejagt. Das Schönste: Gewartet werden musste, bis auf die zehn Sekunden beim Selbstauslöser für das Familienalbum, eigentlich überhaupt nicht. 31/03/2016
VALLEY OF FIRE, NEVADA, USA VALLEY OF FIRE, NEVADA, USA GRAND CANYON NATIONAL PARK, ARIZONA, USA DEATH VALLEY NATIONAL PARK, NEVADA, USA KAIBAB NATIONAL FOREST, ARIZONA, USA VALLEY OF FIRE, NEVADA, USA VALLEY OF FIRE, NEVADA, USA GRAND CANYON NATIONAL PARK, ARIZONA, USA VALLEY OF FIRE, NEVADA, USA KAIBAB NATIONAL FOREST, ARIZONA, USA
Im Glutofen DEATH VALLEY NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA
Im Osten türmen sich die Amargosa-Berge auf, im Westen die Gebirgszüge der Panamint Mountains. 1700 Meter auf der einen Seite, 3300 auf der anderen. Es sind schroffe, manchmal schneebedeckte Gipfel, die jede Regenwolke zurückhalten. Dazwischen liegt das Tal mit dem einladenden Namen Death Valley, durchzogen von weißen Adern, die wie Milch aussehen und doch hart wie Stein sind. Es ist der heißeste Ort der Welt. Im Juli 1913 wurden hier einmal, am tiefsten Punkt der Salzwüste, infernalische 56,7 Grad gemessen. Nirgendwo, nicht in der Sahara und auch nicht im Outback Australiens, wurde dies jemals getoppt. Das Death Valley ist auch der Ort mit der längsten Anzahl von aufeinanderfolgenden Tagen über 38 Grad (154 Tage), der höchsten Tagestieftemperatur (42 Grad) und der höchsten Tagesdurchschnittstemperatur aller Zeiten (47,5 Grad). Bei unserem Besuch im März machte das Thermometer gnädigerweise kurz vor der 40 Halt. Dafür fegten jeden Abend flirrende Stürme durch das Tal, die sich anfühlten wie ein aufgerissenes Heißluftgebläse, das einem Sandkiesel entgegenschleudert. Kurzum: Es ließ sich auch im Frühling erahnen, dass das Death Valley seinen Namen nicht zu Unrecht trägt. Allein seit 2000 starben hier 18 Menschen an den Folgen der gewaltigen Hitze. Die meisten von ihnen verendeten orientierungslos in Sanddünen. Dem allgemeinen Besucherstrom tut dies jedoch keinen Abbruch. Überall trifft man auf Menschen in der Wüste. Es gibt sogar ein Resort-Hotel. Wer möchte, kann dort 18 Löcher auf englischem Rasen zwischen Palmen spielen und den verbliebenen Timbisha-Indianern beim Vertrocknen in ihren Verschlägen zusehen. Man kann aber auch tief hinein in die Wüste fahren. Vorbei an blühenden Astern, Lupinen und Kakteen. Wo die Felsen in allen Farben schimmern, ocker, orange, gelb, rot und sogar türkis. Bis zum Dante's View führt die Straße steil hinauf, einem Aussichtspunkt auf 1600 Meter. Von dort oben sieht das Tal des Todes aus wie ein surreales Gemälde aus zerklüfteten Salzadern. Und fühlt sich – zur angenehmen Abwechslung – ziemlich frisch an. 21/03/2016
DEATH VALLEY NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA APACHE PASS, ARIZONA, USA DEATH VALLEY NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA DEATH VALLEY NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA MOJAVE PRESERVE, KALIFORNIEN, USA SAGUARO NATIONAL PARK, ARIZONA, USA JOSHUA TREE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA JOSHUA TREE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA SAGUARO NATIONAL PARK, ARIZONA, USA DEATH VALLEY NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA JOSHUA TREE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA
Monarch der Wüste SAGUARO NATIONAL PARK, ARIZONA, USA Manchen gilt Salman ibn Abd al-Aziz von Saudi-Arabien als Monarch der Wüste, für uns ist es eindeutig der Saguaro-Kaktus. Der grüne Wachturm der Mojave ist wie rauchende Colts oder schwingende Saloon-Türen ein klassisches Symbol für den wilden Westen von Amerika. Seine charakteristische Silhouette findet sich auf unzähligen Souvenirs in sämtlichen Südweststaaten wieder. Tatsächlich gedeiht Carnegiea Gigantea allerdings nur im südlichen Teil von Arizona und Kalifornien, denn Minusgrade mag er gar nicht. Bekommt er jedoch genug Sonnenstunden reift der Saguaro zum mit Abstand größten Lebewesen der amerikanischen Wüste. Exemplare von über 20 Meter Höhe wurden schon gefunden, über acht Tonnen schwer. Doch für solche Ausmaße braucht der Kaktus Ewigkeiten. Pro Jahr wächst er durchschnittlich nur zweieinhalb Zentimeter. Erst im menschlichen Greisenalter, ab 75 Jahren, beginnt er überhaupt erst damit, Arme zu bilden und seine typische Gestalt anzunehmen. Für den Kreislauf der Wüste ist er indes unverzichtbar: Vögel bauen Nester in seinem Stamm, Indianer stellten aus seinen Früchten Sirup her. Auch die weißen Siedler erlagen schnell seiner Ehrfurcht. Heute gibt es in Arizona einen eigenen National Park um die schwindenden Bestände zu schützen. Wer es dennoch wagt, einen Saguaro zu beschädigen, begeht eine Straftat nach geltendem Gesetz. Selbst beim Bau einer Straße (und Autos sind definitiv heilig in Amerika) ist für die Umsiedlung jedes einzelnen Stammes, der im Weg steht, eine Ausnahmegenehmigung einzuholen. 13/03/2016
DEATH VALLEY NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA SAGUARO NATIONAL PARK, ARIZONA, USA JOSHUA TREE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA SAGUARO NATIONAL PARK, ARIZONA, USA JOSHUA TREE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA DEATH VALLEY NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA SAGUARO NATIONAL PARK, ARIZONA, USA JOSHUA TREE NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA SAGUARO NATIONAL PARK, ARIZONA, USA DEATH VALLEY NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA DEATH VALLEY NATIONAL PARK, KALIFORNIEN, USA
WHITE SANDS, NEW MEXICO, USA CARLSBAD CAVERNS NATIONAL PARK, NEW MEXICO, USA GUADELUPE MOUNTAINS NATIONAL PARK, TEXAS, USA WHITE SANDS, NEW MEXICO, USA CARLSBAD CAVERNS NATIONAL PARK, NEW MEXICO, USA AGUIRRE SPRINGS, NEW MEXICO, USA GUADELUPE MOUNTAINS NATIONAL PARK, TEXAS, USA CARLSBAD CAVERNS NATIONAL PARK, NEW MEXICO, USA GUADELUPE MOUNTAINS NATIONAL PARK, TEXAS, USA WHITE SANDS, NEW MEXICO, USA GUADELUPE MOUNTAINS NATIONAL PARK, TEXAS, USA
Waldgeschichten GILA NATIONAL FOREST, NEW MEXICO, USA
Im Gila National Forest herrscht pures Indianer-Feeling. Die bewaldete Wildnis ist voll von rauschenden Flüssen, einsamen Canyons und versteckten Höhlen. Einst lebte hier der Stamm der Bedonkohe-Apachen. Ihr legendärer Anführer Goyahkla, alias Geronimo, wurde Anfang des 19. Jahrhunderts in der Nähe des Gila Rivers geboren. Über Jahrzehnte hielt er die Stellung im Kampf gegen die vorrückende US-Armee. Erst als alle anderen Apachen bereits seit Jahren in Reservaten lebten, mussten sich auch Geronimos Kämpfer im Herbst 1886 geschlagen geben. Erstaunlicherweise waren die Apachen nicht die ursprünglichen Bewohner der Region. Lange vor ihnen lebten bereits die Pueblo-Indianer in der Wildnis rund um den Gila River. Die Überreste ihrer Behausungen stehen heute noch. In fünf Felsüberhängen, hoch über einer Schlucht, bauten sie 40 Zimmer aus Holz und Stein. Die Bauwerke wurden auf das 13. Jahrhundert zurückdatiert, wie uns die Park Ranger erklärten. Doch der Gila National Forest ist nicht nur anthropologisch interessant. Das Waldgebiet befindet sich mitten in einer geothermalen Zone. So muss man dem Gila River nur eine Meile Richtung Norden folgen (und zwei Durchquerungen wagen), bis aus dem Boden an seinen Ufern über 50 Grad heißes Wasser blubbert. Um sich nicht selbst zu kochen, leitet man kaltes Flusswasser in seinen Pool, bis eine angenehme Wellness-Temperatur entsteht. Der Blick aus der steinigen Badewanne reicht in den ganzen Canyon. Kein Wunder, dass die Indianer dieses Fleckchen Land nie aufgaben. 06/03/2016
Gestalten der Finsternis CARLSBAD CAVERNS NATIONAL PARK, NEW MEXICO, USA Wer nicht den Aufzug nehmen möchte, der bei unserem Besuch sowieso außer Betrieb war, um in den „Big Room“ der Carlsbad Caverns zu gelangen, muss tief hinab in die Finsternis steigen. Fast zwei Kilometer auf serpentinenhaften Pfade sind es, um genau zu sein. Auf dem Weg verschwindet schnell jedes Tageslicht, nur die einzelnen, angestrahlten Formationen durchbrechen die Dunkelheit. Die Gigantomanie der unzähligen Stalaktiten und Stalagmiten in der größten zugänglichen Höhle der Welt ist beeindruckend, ganz zu schweigen von den Kammern in denen sie hängen und stehen. Sie tragen Namen wie „Temple of the Sun“ oder „Giant Dome“. Manche Strukturen wiegen 200.000 Tonnen. Auch Leben existiert dort unten. Neben dem freundlichen T-Shirt-Verkäufer am Souvenir-Stand verbringen ein paar Insekten den Großteil ihrer Tage 250 Meter unter den Guadelupe Mountains, ebenso wie mehrere hunderttausende Mexikanische Bulldoggen-Fledermäuse. Die sind allerdings nur von April bis Oktober da, was für uns ein bisschen enttäuschend war. Beim Aufstieg zurück ans Tageslicht trafen wir allerdings eine ebenso interessante Spezies mit Häubchen, Rauschebart und strengem Blick – die Amish People. Ein ganzer Bus mit Mitgliedern aus Indiana und Ohio bereiste drei Wochen lang das ganze Land. Nun wollte man die unterirdischen Wunder der Carlsbad Caverns bestaunen. Nicht wenige mussten dieses Vorhaben jedoch konditionsbedingt schon nach wenigen Minuten aufgeben. Ein älterer Herr, mindestens 85, vielleicht auch 105, hatte es keine zweihundert Meter in die Höhle geschafft. „Es ist viel zu dunkel hier. Ich gehe keinen Schritt weiter“, verkündete er. Einst waren seine Vorfahren vor sechs Generationen aus der Schweiz nach Amerika emigriert, um wieder wie vor 300 Jahren leben zu können, mit Ochsen-Pflug und ohne Kabel-Fernsehen. Auf bestimmte technologische Errungenschaften wollte jedoch auch er nicht verzichten. „Warum gibt es hier nicht mehr Lampen? Man kann überhaupt nichts erkennen.“, fragte er mich mit eiserner Miene und tiefschwarz-getönter Sonnenbrille auf der Nase. Ich wünschte einen schönen Tag. 28/02/2016
GILA NATIONAL FOREST, NEW MEXICO, USA GILA NATIONAL FOREST, NEW MEXICO, USA WHITE SANDS, NEW MEXICO, USA CHIRICAHUA, ARIZONA, USA CARLSBAD CAVERNS NATIONAL PARK, NEW MEXICO, USA GUADELUPE MOUNTAINS NATIONAL PARK, TEXAS, USA APACHE PASS, ARIZONA, USA CHIRICAHUA, ARIZONA, USA AGUIRRE SPRINGS, NEW MEXICO, USA GILA NATIONAL FOREST, NEW MEXICO, USA
Schreiende Tiere BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA Einer der schönsten Orte im Big Bend Nationalpark ist Chisos Basin. Ein auf fast 2000 Meter gelegenes Tal, mit einem Campingplatz umgeben von sieben Berggipfeln. Es ist der Startpunkt dutzender Wandermöglichkeiten. Bevor man sich für einen der vielen Pfade entscheidet, sollte man wissen, dass in Chisos Basin gelegentlich auch Schwarzbären und Pumas anzutreffen sind. In der Hoffnung ein freundliches und posierwilliges Exemplar aufzuspüren, machten wir uns auf den Weg zum „Window“. Ein steiniger Weg zu einem Wasserfall, der nur nach heftigen Gewittern seinen Dienst aufnimmt. Am Ende der Schlucht blickt man durch einen Ausschnitt in der Gebirgskette tief hinab in die Chihuahuan-Wüste. Von Schwarzbären oder Pumas fehlte jedoch jede Spur. Stattdessen wirbelten wir Neo vor der malerischen Kulisse durch die Lüfte. Sein freudiges Juchzen flutete den schroffen Canyon - und sorgte für Irritationen bei anderen Abenteurern. Kelly und Lee aus Atlanta, unsere Nachbarn auf dem Campingplatz, waren sogar leicht verunsichert. Dem Geschrei nach, erzählten sie uns auf dem Rückweg, hatten sie keinen Windelträger, sondern eine verletzte Raubkatze im Todeskampf vermutet. 22/02/2016
BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA SEMINOLE CANYON, TEXAS, USA BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA BIG BEND RANCH STATE PARK, TEXAS, USA ﷯ BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA
Heilender Jungbrunnen BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA
Der Big Bend Nationalpark an der Grenze zwischen Texas und Mexiko ist ein staubiges Kleinod. Wobei es Kleinod nicht unbedingt trifft. Der Park ist mehr als dreimal so groß wie Berlin. In seinen Grenzen finden sich karge Wüstenlandschaften und Canyons, zerklüftete Berge und einzigartige Wälder. Und als ob das nicht schon genug wäre, fließt auch noch der Rio Grande durch den Park, mitsamt seinem Tal, indem alles grünt und gedeiht. Auf der texanischen Seite wird der Fluss von einer natürlichen heißen Quelle gespeist, aus der jeden Tag konstante 42 Grad blubbern. Bereits Anfang des 20. Jahrhundert bauten findige Pioniere an dieser Stelle ein Haus und vermarkteten ihre Wellness-Oase anschließend als „der Jungbrunnen, den Ponce de Leon niemals fand“. Egal ob „Asthma, Durchfall oder Feigwarzen“, wie die Werbung von damals versprach, das mineralhaltige Wasser bringe jedem Linderung. Über 100 Jahre später ist von dem Haus nur noch das Fundament übrig. Doch im Wasser kann man es sich immer noch gut gehen lassen. Während wir badeten, beobachteten wir mexikanische Händler dabei, wie sie ihre Kunsthandwerkserzeugnisse (zum Beispiel kleine Holz-Taranteln) auf amerikanischer Seite den Touristen darboten. Um Nachschub zu holen oder wahlweise vor den Rangern zu fliehen (die Holz-Taranteln waren steuerfrei) überquerten sie auf einem Esel den Rio Grande, der – zumindest im Nationalpark – mehr mit einem Bächlein gemein hatte, als mit dem reißenden Strom den man dem Namen nach erwartet hätte.
21/02/2016
Durstig BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA
In der Chihuahuan-Wüste, die den Big Bend Nationalpark umschließt, regnet es im Jahr durchschnittlich nur 250 Millimeter. Die Tiere, die dort leben, sind deshalb angewiesen auf natürliche Quellen. Na gut, nicht unbedingt alle. Die Kängururatte beispielsweise hat gelernt, genügend Wasser aus ihrer Nahrung zu absorbieren. Doch Kojoten, Wüstenhasen, Nabelschweine und Pumas müssen trinken. Ein Wasserloch, das fast das ganze Jahr Wasser führt, heißt Ernst Tinaja. Dort zu trinken, ist allerdings keine einfache Angelegenheit. Die pittoreske Pfütze liegt mitten in einem knochentrockenen Canyon aus changierendem Sandstein. Außerhalb von Regenzeiten sind es zwei Meter vom Rand des Lochs, wo der Fels gefährlich glatt ist, bis zum Wasser. Ein Puma und zwei Nabelschweine seien erst vor kurzem hineingerutscht, hatten uns andere Wanderer berichtet. Und tatsächlich, beim Blick über den Rand, schallte ein Hilferuf hinauf, der irgendwie schweinsartig klang. Doch wo war das dazugehörige, um sein Leben paddelnde Nabelschwein? Die Wasseroberfläche blieb komplett glatt, man konnte sogar sein Spiegelbild sehen. Es dauerte, bis wir realisierten, dass dort unten nur eine Kröte quakte.
21/02/2016
BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA
BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA SEMINOLE CANYON, TEXAS, USA BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA BIG BEND NATIONAL PARK, TEXAS, USA
Am Strand gefunden GOOSE ISLAND, TEXAS, USA Manchmal schwelgen wir in Erinnerungen ans Angeln. Besonders während längerer Autofahrten. Wir reden dann über besonders gute Plätze oder bestimmte Spezies. In etwa: „Weißt du noch? Als die Rochen sich über unsere Tintenfischköder hermachten?“ Angeln ist einfach ein faszinierendes Hobby: Die Einsamkeit in der Natur wird perfekt kontrastiert von der ständigen Anspannung und Vorfreude. Es war schwer davon zu lassen. Es liegt eine gewisse Ironie darin, dass wir unseren größten Fang also genau dann machten, als unsere Pietschen schon ewig schon im hinterletzten Winkel von Mathilda vermotteten. Wir brauchten dazu nicht einmal einen Köder. Stattdessen schoben wir Neo am Strand von Goose Island entlang, einer Insel an der Ostküste von Texas. Unser Sohn sollte schläfrig werden. Nebenbei guckte man, ob man etwas Brauchbares im Sand entdeckte. Wir haben schon viele tolle Sachen am Strand gefunden, die Teil unseres Inventars wurden. Schalentiere für die Wand-Deko in Cape Cod, fast neue Flip-Flops in Florida, eine kleine Gießkanne in Georgia, die wir für Neo aufhoben, und mit der er jetzt fleißig spielt und manchmal auch geduscht wird. Diesmal sah ich im Augenwinkel Umrisse eines Körpers. Zunächst dachte ich an eine Meeresschildkröte, was gar nicht so falsch war. In der gischtigen Brandung lag reglos Pogonias Cromis, ein schwarzer Trommler. Gigantisches Exemplar, mindestens zwanzig Jahre alt. Der silbrige Fisch sprengte sämtliche Dimensionen unser bisherigen Fänge. Mindestens doppelt so groß wie der längste Lachs aus Alaska war er. Mit einem Maul in dem meine Faust verschwinden konnte und schwerer als ein Kasten Bier. Viel schwerer. Ihn über den Kopf zu wuchten, war ein Selbstmordattentat auf das eigene Handgelenk. Und doch konnte ich uns die Erleger-Pose - wie gesagt: alte Erinnerungen - nicht verkneifen. Nach ein paar Fotos schmiss ich den toten Fisch zurück in die Fluten, in der Hoffnung, dass Seelöwen oder Hammerhaie noch Freude an ihm haben würden. Ich dachte: So traurig der Tod für ihn gewesen sein muss; war er doch immerhin nicht elendig an einem abgerissenen Haken im Maul verendet, der früher einmal meiner war. 11/02/2016
PECAN ISLAND, LOUISIANA, USA AVERY ISLAND, LOUISIANA, USA CAMERON, LOUISIANA, USA SABINE WILDLIFE REFUGE, LOUISIANA, USA SABINE WILDLIFE REFUGE, LOUISIANA, USA GOOSE ISLAND, LOUISIANA, USA SABINE WILDLIFE REFUGE, LOUISIANA, USA PADRE ISLAND, TEXAS, USA SABINE WILDLIFE REFUGE, LOUISIANA, USA PADRE ISLAND, TEXAS, USA
Ekstatische Anarchie NEW ORLEANS, LOUISIANA, USA In der Woche vor Aschermittwoch gerät ganz New Orleans traditionell in eine Art Ausnahmezustand. Große Teile der Innenstadt werden abgesperrt. Hotels verdreifachen ihre Zimmerpreise. Die Polizei mobilisiert vom Streifenpolizisten bis zum Bombensuchkommando sämtliche Kapazitäten. Der Grund der Aufregung: Mardi Gras, französisch für „der fette Dienstag“, der ekstatische Karneval in der Geburtsstadt des Jazz. Tausende Menschen, die aus dem ganzen Land anreisen, ziehen sechs Tage lang kostümiert, teilweise aber auch nackt durch das französische Kolonialviertel in der Altstadt. Von extra aufgebauten Tribünen können die Besucher maskierte Zulu-Könige und Voodoo-Priesterinnen bestaunen, die Perlenketten und Süßigkeiten verteilen. Die vorherrschenden Farben sind violett, gold und grün. Eine ästhetisch eher zweifelhafte Kombination, die für Gerechtigkeit (violett), Kraft (gold) und Glauben (grün) stehen soll. Der anarchischen Grundstimmung der Party, die im 18. Jahrhundert von katholischen Kolonisten aus Frankreich eingeführt wurde, tut das keinen Abbruch. Selbst Alkohol wird auf offener Straße konsumiert, ansonsten ein Sakrileg in den USA. Unser Interesse an dem wilden Treiben (und den dazugehörigen Campingplatzpreisen von 250 Dollar pro Nacht) hielt sich trotzdem in Grenzen. Wir verabschiedeten uns lieber in die angrenzenden Sümpfe Louisianas. 04/02/2016
BAY ST. LOUIS, MISSISSIPPI, USA ST. JOSEPH PENINSULA, FLORIDA, USA
ST. JOSEPH PENINSULA, FLORIDA, USA PASCAGOULA, MISSISSIPPI, USA

 

Welcome Back PORT CHARLOTTE, FLORIDA, USA
Wiedersehen ist eine der schönsten Freuden. Nach vielen Jahren der Fernbeziehung können wir das nur unterstreichen. Aber das ist längst nicht nur mit Menschen so. Auch gewisse Dinge können ähnliches Glücksempfinden auslösen: Wohnmobile beispielsweise. Über 400 Tage waren vergangen seit dem letzten Mal. Da stand sie nun, unter einem grauen Metalldach, vor einer Segelyacht, nur ein paar Meter entfernt vom Golf von Mexiko. Mathilda. Eingestaubt, ein bisschen ausgeblichen, mit mehr Rost hier und da; und doch noch genauso wunderschön. Wir waren angenehm überrascht von ihrem Zustand. Nirgendwo fanden sich Schimmelflecken oder dahinvegetierende Rattenkadaver. Überhaupt hatten es kaum animalische Kräfte mit unseren 200 ausgelegten Weichspüler-Tüchern aufnehmen wollen (den Tipp hatten wir im Internet gelesen). Nur drei bräunliche Wanzen, die nur noch reglose Hüllen waren, lagen verteilt im Küchenbereich. Selbst die Ameisen, die uns auf den letzten Wochen in Amerika gar nicht mehr verlassen wollten, waren restlos verschwunden. Dafür gab es rund einen Meter hinter Mathilda einen umtriebigigen Ameisenbau im Boden, an den ich mich bei unserer Abreise nicht erinnern konnte. Während wir Schränke einräumten, Betten bezogen und uns darüber wunderten, dass unser Toiletten-Bambus mit nur einem Deziliter Wasser überlebt hatte, schlief Neo die meiste Zeit in seinem Buggy. Erst als der Motor nach kurzer Starthilfe aufheulte, waren wir alle drei bereit Amerika zu erobern. Ein paar Probleme fanden sich natürlich trotzdem: die Scheibenwischer funktionierten nicht, der Stromwechsler hatte Überspannung und unsere Bremslichter waren im letzen Jahr auch nicht heller geworden. Nichtsdestotrotz umspülte uns schon nach wenigen Stunden eine wohlige Vertrautheit, wie man sie sonst nur kennt, wenn man nach einer langen Reise nach Hause kommt. Egal, dass ich nicht mehr auf Anhieb wusste, wo der Dosenöffner hingehörte. Wir waren bereit, zu neuen Abenteuern aufzubrechen. 19/01/2016
GULF ISLANDS NATIONAL SEASHORE, FLORIDA, USA BON SECOUR NATIONAL WILDLIFE REFUGE, ALABAMA, USA
BLUE SPRING, FLORIDA, USA BARATARIA PRESERVE, LOUISIANA, USA
GULF ISLANDS NATIONAL SEASHORE, FLORIDA, USA BARATARIA PRESERVE, LOUISIANA, USA LAKE FAUSSE POINTE, LOUISIANA, USA
GULF ISLANDS NATIONAL SEASHORE, FLORIDA, USA BARATARIA PRESERVE, LOUISIANA, USA
GULF ISLANDS NATIONAL SEASHORE, FLORIDA, USA ST. JOSEPH PENINSULA, FLORIDA, USA NEW ORLEANS, LOUISIANA, USA
BLUE SPRING, FLORIDA, USA BARATARIA PRESERVE, LOUISIANA, USA
ST. MARKS NATIONAL WILDLIFE REFUGE, FLORIDA, USA BLUE SPRING, FLORIDA, USA ST. JOSEPH PENINSULA, FLORIDA, USA BLUE SPRING, FLORIDA, USA BLUE SPRING, FLORIDA, USA ICHETUCKNEE SPRING, FLORIDA, USA ST. JOSEPH PENINSULA, FLORIDA, USA
Kolossale Liebe BLUE SPRING, FLORIDA, USA
Über 1000 Süßwasserquellen gibt es in Florida. Auf dem letzten Trip hatten wir ein paar davon bereits besichtigt. Auf dem Wasser machten wir Bekanntschaft mit gruseligen Alligatoren, ängstlichen Schildkröten und entlaufenden Rhesusaffen. Einmal paddelten wir sogar mit den bezaubernden Manatees. Damals hatten die riesigen Seekühe allerdings gerade erst begonnen, sich für die Winterzeit in die temperaturkonstanten Süßwasserquellen zurückzuziehen und wir sahen maximal kleine Verbände. Diesmal warteten dagegen bereits ganze Horden auf uns. In der Blue Spring beispielsweise, nicht weit von Orlando, hatten sich 334 (offizielle Ranger-Zählung) der stillen Kolosse versammelt, die bis zu 500 Kilo auf die Waage bringen. Zum ersten Mal konnten wir dort beobachten, welch soziale Tiere Manatees sind. Direkt über der Mündung der Quelle bildeten sie kleine Gruppen, die einander neckten, sich umarmten und im azurblauen Wasser sogar Küsse austauschten. Zumindest mutete es von oben so an. 24/01/2016