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63° 51'   25.00'' N  148° 57' 58.00'' Whttp://de.mygeoposition.com/loc/Healy,%20Alaska,%20USA/?zoomLevel=12&mapType=
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11/08/2013

Es ist ein karges und besonderes Frühstück an diesem Samstag, dem 10. August. Judith kocht Zitronentee, wir versuchen unsere Toastscheiben über der Gasflamme zu rösten. Dabei lesen wir Gästebucheinträge. Es ist ein komisches Gefühl dort zu essen, wo fast auf den Tag genau vor 21 Jahren Christopher McCandless verhungerte.


Zwischen uns und der strohigen Matratze auf der er starb, liegt in einer Schublade eine Packung Nudeln, daneben ein Zettel von seiner Mutter, Billie McCandless, auf dem steht: „Nur für extreme Notfälle. Und sagt euren Eltern immer bescheid, wenn ihr auf Abenteuersuche geht.“ Sie hatte über zwei Jahre nichts von Chris gehört als Elchjäger seine Leiche fanden. Es ist der Schmerz in diesen Zeilen, der den ganzen Ort in Trauer hüllt.


Der „Magic Bus“ selbst sieht nicht mehr so aus wie ihn McCandless einst fand. Fast alle Scheiben sind zerbrochen, das Dach übersäht mit Einschusslöchern und hunderte Pilger haben eigene Schätze zurückgelassen. Ganze Zelte, Rucksäcke, Messer, Töpfe, Ferngläser, Gaskatuschen, Tabakbeutel, Medikamente und McCandless’ Lieblingsbücher (Jack London und Tolstoi) liegen im Bus verteilt. Das Leben, das McCandless hier führte, kann man sich trotzdem noch vorstellen.

Der 142ste Bus der Stadtverkehrsgesellschaft Fairbanks rostet vor sich hin an einer einladenden Lichtung an der nördlichen Parkgrenze des Denali-Gebiets. Umgeben von Erlenbüschen, Schwarzfichten und der endlosen, alaskischen Beerensträucher-Taiga, die sich bis zum Beringmeer erstreckt. Ein Arm des Savage Rivers, indem McCandless badete, ist in Wurfweite. Weil fast jeden Tag Menschen zum Bus aufbrechen ist es schwer von Wildnis zu sprechen. Dennoch ist es einsamer Ort.


Eine Wanderung zum Bus und zurück sind äußerst zähe 64 Kilometer, die auch noch durch zwei Flüsse führen. Der Weg auf einer alten Bergarbeiterstraße (die Arbeiter gaben den Bus einst in der Wildnis auf) ist die meiste Zeit vergleichsweise unspektakulär, aber nicht zu unterschätzen.


Allein dieses Jahr mussten die Alaska State Troopers neun Wanderer evakuieren. 2010 ertrank eine Schweizerin in den Fluten des Teklanika Rivers. Jener Fluss, der McCandless im August 1992 die Rückkehr in die Zivilisation versperrte und damit sein Schicksal besiegelte.

Es ist aber nicht umsonst. Der Bus ist ein nachdenklicher Ort. Ein kleiner Schrein der Wildnis mit einer besonderen, tragischen, verletzlichen Aura. Er projiziert die Geschichte eines jungen Mannes, der in den Busch zog und nicht mehr wiederkam. Seine halbleere Colgate-Tube liegt noch immer hier, eine Schublade unter den Nudeln.


Halb Alaska (inklusive Judith) belächelt McCandless für seine Leichtsinnigkeit und Naivität, die er mit dem Leben bezahlte. Menschen auf der ganzen Welt (inklusive mir) bewundern ihn für die Kompromisslosigkeit mit der er seine Träume lebte. Was auch immer man von ihm halten mag: Ein Besuch dieses grünweißen Omnibusses aus den Vierzigern bringt einen darüber nachzudenken, was wirklich bedeutend und wichtig im Leben ist.