Eigentlich waren wir gekommen, um Seelöwen zu beobachten. Aber auf den Felsen weit draußen vor Long Beach waren selbst mit dem Fernglas maximal kleine, dösende Fetttonnen zu erkennen. Also nutzten wir die Zeit um ein bisschen der 22 Strandkilometer abzuschreiten und das pittoresk angespülte Treibholz zu bewundern. Im Sand fanden sich zudem ganze Armaden ausgehöhlter Krabbenpanzer. Und so erweiterten wir das italienische Kugelspiel Boccia um eine maritime Note. Jeder Spieler bekam drei Krabbenpanzer in die Hand. Als Zielkugel fungierte eine Miesmuschel. Schon begann das fleißige Schmeißen. Der eher für Wellenreiten als für Krabben-Boccia geeignete Wind machte die Sache dabei ziemlich unberechenbar. Opa Bernd stellte sich trotzdem als konstant unbesiegbar heraus.

Am Ende von Long Beach gab es keine Krabben mehr. Zumindest nicht von werfbarer Größe. Zwar drehten ein paar Kinder im Sand die Steine um und schrien jedes Mal wenn sie darunter ein winziges Exemplar entdeckten, aber mit dem Thrill einer packenden Krabben-Boccia-Partie hatte das wenig zu tun. Doch unsere Aufmerksamkeit galt da sowieso schon längst einem Indianermädchen am Horizont. Als wir zu ihr aufschließen wollen, hatte sich Opa Bernd bereits mit ihr unterhalten. „Sie bringt die jeden Abend hierher“, sagte er. „Alles für die Adler.“ Er zeigt auf den blutigen Haufen am Strand. Das Mädchen ist da bereits in ihre Siedlung zurückgekehrt, aber vor dem Ozean hat sie Lachsreste zurückgelassen, für die man in einem deutschen Restaurant Unsummen bezahlen müsste.

Kommentare

31/05/2013

Die ersten, die das außer uns realisieren, sind die Krähen. Scharen von Krähen, die sich große Brocken aus den blutigen Kadavern picken. Erst als nach einigen Minuten schon die Flut die Fische umspült, trauen sich die Möwen dazu. Doch dann bahnen sich zwei große Schatten ihren Weg zu uns. Dunkle Schwingen federn am Himmel auf und ab. Ein Stein- und ein Weißkopfadler haben die Dinner-Einladung offensichtlich erhalten. Zwei, dreimal kreisen sie über der Beute; verscheuchen erst die weißen Möwen und dann die schwarzen Krähen, bis sie sich hinabstürzen. Doch irgendetwas scheint ihnen nicht zu passen. Von den Lachsen nehmen sie nichts. Und so kehrt der Fisch am Ende dahin zurück, wo er einst herkam: in den Ozean.