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38° 27‘ 48.95‘‘ S    175° 1‘ 27.05‘‘ E http://de.mygeoposition.com/loc/Waitomo-Distrikt,%20Neuseeland/?zoomLevel=12&mapType=

Tatsächlich hatte eine nicht schätzbare Anzahl von Glowworms (echte Würmer, nicht zu verwechseln mit den deutschen Glühwürmchen), die aber sicher in die Millionen ging, damit begonnen, ihren schleimigen Hintern zum leuchten zu bringen, um ein passenden Abendessen wie Mücke in die Falle zu locken. Doch weder die Nahrungskette, noch die Möglichkeit, dass im trüben Wasser, in dem wir hockten, überall Aale sein konnten, interessierte in diesem Moment. Der Anblick der Glowworms war pure, unverfälschte Romantik.


Nachdem diese jedoch schnell vertrieben war, als Simon ein paar besonders ungezwungene Pärchenfotos unter Sternenhimmel inszenierte, begann der vorletzte Teil des Abenteuers, für den wir die ganze Zeit die Reifen mit uns rumschleppten: in Waitomo „Black Water Rafting“ genannt.


Diese feucht-fröhliche Freizeitgestaltung, die weniger mit „Rafting“ zu tun hat, sondern grob darin besteht, auf einem Reifen durch stockfinstere Höhlen zu treiben ohne dabei ins Wasser zu fallen; was eigentlich ein Riesenspaß sein könnte, gäbe es am Ende des unterirdischen Stroms nur einen Lift zurück zum Start. Doch am Ende des unterirdischen Stroms wartete nur eine kalte, schwarze Sackgasse und Simon, der erschreckend erwartbar erklärte, was der letzte Teil der Tour sein würde: Der lange Weg zu Fuß zurück zum Tageslicht.

Man kann in Neuseeland seine Nerven auf unterschiedlichste Arten kitzeln: Bungy Jumping, Kite-Surfen, Paragliding, aus alter Gewohnheit rechts fahren – die Möglichkeiten sind fast unerschöpflich. Sogar in die Unterwelt kann man hinabsteigen. Wie soll man da noch widerstehen?


Das kleine Nest Waitomo wirkt auf den ersten Blick so unbedeutend wie ein Straßendorf im Oderbruch. Eingelassen in von Lattenzäunen umrahmte Rinderweiden gibt es dort, mitten im Nirgendwo der neuseeländischen Nordinsel, keinen Supermarkt, keine Schule, noch nicht mal eine Kirche; und doch parken auf der schmalen Hauptstraße mehr Wohnmobile als wir sonst irgendwo in diesem Land gesehen haben.


All die Urlauber kommen aus einem einzigen Grund hierher: Es gibt in Waitomo einen Schatz, den man auf den ersten Blick nicht sehen kann. Unter den umliegenden Kuh- und Schafwiesen verbirgt sich ein fast unendliches (um genau zu sein: 45 Kilometer langes) Labyrinth aus unterirdischen Pforten, Pfaden, Kathedralen. Waitomo bedeutet „Schacht, durch den Wasser eintritt“.  Wer hierher kommt, will durch eine geflutete Kaverne waten.


Seit 1887, als ein Maori-Häuptling mit einem britischen Landvermesser erstmals die Höhlen erforschte, wird Touristen dieser Wunsch gewährt. Heutzutage streiten sich ein halbes Dutzend Anbieter um die zahlenden Kunden aus Indien, Korea oder Brandenburg. Die Touren variieren in Preis und Lebensgefahr, sowohl für Rentner als auch selbstmörderische Grenzenausloter gibt es passende Angebote. Uns reichte eine Mittelvariante: dreieinhalb Stunden unter der Erde, inklusive post-traumatischer Tomatensuppe.


Ausgerüstet mit je einem schwarzen Reifen, der aussah als gehöre er auf eine Wasserrutsche, einem Neoprenanzug, einer Stirnlampe, sowie einem Paar Gummistiefeln begann unser Abenteuer mit einem häuserblockgroßem Loch inmitten einer Schafsfarm, aus dem ausgewachsene Baumkronen lugten. 27 Meter sollten wir uns dorthinab seilen, ehe wir in einer eiskalten, hüfthohen, schlammigen Brühe standen.

Ausgerüstet mit je einem schwarzen Reifen, der aussah als gehöre er auf eine Wasserrutsche, einem Neoprenanzug, einer Stirnlampe, sowie einem Paar Gummistiefeln begann unser Abenteuer mit einem häuserblockgroßem Loch inmitten einer Schafsfarm, aus dem ausgewachsene Baumkronen lugten. 27 Meter sollten wir uns dorthinab seilen, ehe wir in einer eiskalten, hüfthohen, schlammigen Brühe standen.


Als Judith damit an der Reihe war - bereits im letzten Drittel des Abstiegs angelangt - hatte sie keine Armlänge entfernt, das seltene Vergnügen mit einem Possum, dieser zuckersüßen, nachtaktiven Mischung aus Eichhörnchen und Marder, die hier gemeinhin als Landplage verschrien ist und von uns anscheinend geweckt worden war. Als die beiden sich beinahe berührten, entschied sich das Possum aber für den Rückzug in die Dunkelheit. Es sollte nicht die einzige Tierbekanntschaft bleiben.

Im Wasser angekommen, mussten wir auf unseren Führer Simon warten, der sich als Letzter abseilte, was die Gelegenheit bot, schon einmal die beiden tiefschwarzen Höhleneingänge zu inspizieren, die links und rechts von uns aus dem Fels klafften und in die ich niemals einen Fuß ohne Simon gesetzt hätte, als plötzlich ein äußerst hässlicher und urzeitlich aussehender Aal an unseren Füßen vorbeitrieb. Simon erklärte später auf Nachfrage, dass sich so ein Fisch noch nie in einen Gummistiefel eines Tour-Teilnehmers verirrt hätte, wobei nicht ganz klar wurde, ob er die Wahrheit sagte oder nur beschwichtigen wollte.


Die ersten beiden Stunden des Abenteuers bestanden dann im wesentlichen darin, sich durch enge, sehr enge und für Klaustrophobiker nicht geeignete Felsspalten zu zwängen und durch nasse, lehmige Gänge zu waten, bis wir eine kleine Halle erreichten. Dort befahl Simon die Lampen auszuschalten, um anschließend ein Geräusch zu machen, das klang, als hätte er einen Hammer in Größe eines Bergtrolls auf einem Amboss geschmettert; in Wirklichkeit aber das Klatschen seines Reifens auf der Wasseroberfläche war und dazu ein solcher Schock, dass sich unsere Augen weiteten und die Höhlendecke sich augenblicklich in einen Sternenhimmel verwandelte.